Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 21. (1968)

BLAAS, Richard: Österreich und die Einigung Italiens zwischen den Konferenzen von Teplitz und Warschau (25. Juli-25. Oktober 1860)

Österreich und die Einigung Italiens 307 Cavour hatte eine völlig andere Einstellung zu der Überzeugungskraft der faits accomplis als etwa Rechberg, der ihnen gegenüber nach wie vor mit den principes eternelles und der cause sacrée operierte, für die er dann freilich zu guter letzt keine Förderer fand. Ein Versuch Spaniens, die katholischen Mächte so wie im Jahre 1849 zu einem gemeinsamen Vorgehen zu gunsten des Kirchenstaates zu be­wegen, war von vornherein zum Scheitern verurteilt, da vorauszusehen war, daß Frankreich sich auf diesen Vorschlag unter Berufung auf das von England zur allgemeinen Anerkennung gebrachte Prinzip der Nicht- Intervention nie einlassen werde 184). Gegen Österreich spielte die fran­zösische Diplomatie in diesen Wochen eine sehr geschickte Partie, darauf spekulierend, daß es vor der Konferenz von Warschau sich nicht zu einem Einschreiten entschließen werde. War das vom französischen Botschafter in Rom, dem Herzog von Gramont, mit dem österreichischen Repräsentan­ten abgeführte diplomatische Pokerspiel tatsächlich nur Bluff? Man faßte Gramonts Aufforderung, Österreich möge doch intervenieren, in Wien nur als den Versuch auf, der kaiserlich-königlichen Regierung letzten Endes die Schuld am Verlust der Marken und Umbriens in die Schuhe schieben zu können. „Lehnt nämlich Österreich die Intervention ab, wird es heißen“, folgert Rechberg, „daß diese Provinzen dem hl. Stuhl nur verloren ge­gangen sind, weil Österreich nichts getan hat, um sie zu retten. Frankreich hat seine Truppen in Rom vermehrt und damit das Patrimonium Petri im engeren und eigentlichen Sinn dem hl. Vater bewahrt. Österreich hatte man ja auch bereits 1859 in die Schuhe schieben wollen, es habe durch seinen vorzeitigen Rückzug aus den Legationen deren Abfall herbeige­führt.“ „Pourquoi l’Autriche n’intervient-elle pas? a-t-on-l’air de se de­mander avec un étonnement mélé d’indignation“ ereiferte sich Rech­berg nicht ganz zu unrecht in seinem Privatschreiben vom 25. September 1860 an Baron Bach. „Cette tactique napoléonienne a évidemment pour but de nous aliéner encore les sympathies du parti catholique et en général des honnétes gens de tous les pays; mais eile est destinée avant tout a surprendre la foi du Souverain Pontife et á pousser Sa Saintété dans les bras de la France en lui inspirant de la méfiance contre nous“. Und dann bricht sein ganzer Zorn gegen diese Heuchelei aus ihm hervor: 184) H. H. u. St. A., Pol. Archiv XI/Vatikan, Weisungen 1860, K. 202; Weisung vom 25. IX. und 30. IX. 1860. „Une intervention européenne dans le sens de la justice et des principes conservateurs est loin d’etre suffisament préparé.“ — Nr. 2: „Nous avons déclaré maintes fois que l’Autriche pour sa part était préte ä concourir ä toute action combinée entre les puissances dans le but de faire droit aux justes reclamations du Saint-Pére et de sauve- garder son pouvoir temporel qui constitue ä nos yeux une des premieres garanties du libre exercise de son ministére apostolique.“ — Nr. 3: Frankreich hatte auf den Vorschlag Spaniens wieder einmal die Kongreßforderung hervor­geholt ... „si le congrés n’était convoqué que pour sanctionner les faits acomplis il vaut mieux qu’ils soivent leur cours natúréi“. 20*

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