Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 21. (1968)

SPRUNCK, Alphonse: Verteidiger der Interessen Österreichs in den südlichen Niederlanden während des Spanischen Erbfolgekrieges 1709–1714

Verteidiger der Interessen Österreichs in den südlichen Niederlanden 7 Merode-Westerloo erwartete nicht, daß die Generalstaaten geneigt seien, Philipp von Anjou Südamerika zu überlassen, doch müsse man sie überzeugen, ein französischer Prinz auf den Thronen von Neapel oder Sizilien könne dort auf Befehl Frankreichs eine starke Kriegsflotte unterhalten, die über Marseille und Toulon als Stützpunkte verfügen würde. Dadurch könnte Frankreich die Seemächte von jedem Verkehr mit dem Osten abschneiden und den ganzen Handel mit der Türkei an sich reißen. Die Generalstaaten müßten unbedingt einsehen, daß das südliche Nachbarland in den Besitz keines Monarchen kommen dürfte, der ge­meinsame Interessen mit Frankreich hätte. Auch für Holland sei es wich­tig, daß der neue Herrscher der katholischen Niederlande die Möglichkeit habe, Frankreich im Falle eines Krieges noch von einer andern Seite her zu bedrohen, bevor seine Nachbarn oder Verbündeten ihm Hilfe leisten könnten. Zu lange hatten die Generalstaaten an der Schwächung Spaniens mit­geholfen und dieses Land für die Verteidigung Europas gegen die fran­zösische Übermacht nutzlos gemacht, sodaß sein Besitz nur mehr als Kriegsschauplatz für die Eroberungskriege Ludwigs XIV. dienen konnte. Die Länder der spanischen Monarchie waren weit voneinander entlegen und unterhielten wenig Handelsbeziehungen unter sich; die Franzosen und die Verbündeten Österreichs hatten sie so erschöpft, daß die spanische Monarchie 60 bis 80 Jahre brauchen würde, um wieder militärische Be­deutung in Europa zu erlangen, selbst wenn der König, aller Moral zum Trotz, seine Untertanen mit Abgaben überladen und ausbeuten wollte. Dagegen habe Frankreich durch seine Lage an zwei Meeren, seine ab­solute Monarchie und noch aus andern Gründen große Vorteile über sämt­liche Staaten Europas und würde sich eher von den Anstrengungen des Krieges erholen, selbst wenn es durch den Friedensvertrag beschränkt würde auf die Grenzen, die es durch den Pyrenäischen Frieden und den Vertrag von Vervins erhalten hatte 5). Ereignisse aller Art und Streitigkeiten in Europa, wie innere Zwistig­keiten in England und Holland, Einfälle der Türken, Uneinigkeiten der Reichsfürsten bei den Kaiserwahlen könnte Frankreich sehr geschickt für seine Zwecke ausnutzen, zumal es sich schon früher in solchen Fällen Anhänger und Parteien in anderen Ländern gewonnen hatte. Dagegen habe das Haus Österreich mit seinem zerstreuten Länderbesitz das Wohl­wollen und die Unterstützung seiner Nachbarn und Verbündeten nötig. Die südlichen Niederlande, die durch den Krieg total erschöpft waren und ils ne seront jamais assé puissans contre une puissance comme est la France aprésent renforcée encore d’une partié de l’Espagne qu’elle aura eu le loisir de bien polimer et cultiver pendant la Paix.“ 5) Durch den Frieden von Vervins von 1598 hatte Heinrich IV. endgültig auf Gebiete verzichtet, die Heinrich II. schon 1559 durch den Frieden von Cateau-Cambrésis an Spanien und Savoyen abgetreten hatte.

Next

/
Oldalképek
Tartalom