Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 20. (1967)
BLAAS, Richard: Die Archive im Bereich des Kulturgüterschutzes
Österreich 507 tägliche Pflicht; hier handelt es sich um den Schutz der Kulturgüter gegen sogenannte Katastrophenfälle, bei denen nicht allmählich und schleichend ein Substanzverlust eintritt, sondern plötzlich, unvorhergesehen und in den meisten Fällen auch unabwendbar, wenn nicht vor der eingetretenen Katastrophe Schutzmaßnahmen getroffen worden sind. Solche Katastrophen sind Brände, Überschwemmungen und Zerstörungen aus politischen und ideellen Gründen durch unmittelbare und mittelbare Auswirkungen kriegerischer Ereignisse. Die beiden Weltkriege haben unermeßliche Verluste an Kulturgütern mit sich gebracht, aber auch die Notwendigkeit internationaler Vereinbarungen über den Schutz des Kulturgutes eindringlich vor Augen geführt. Schon gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts und bezeichnenderweise mit dem Einsetzen der internationalen Konferenzen über Buch- und Archivalienkonservierungen und Restaurierungen erkannte man, daß die größten Anstrengungen auf dem Sektor der Konservierung und Restaurierung nicht ausreichen würden, um das kulturelle Erbe der einzelnen Völker auch nur einigermaßen vor schweren Verlusten in Katastrophenfällen, und als solche wurden in erster Linie kriegerische Auseinandersetzungen angesehen, zu bewahren. Die Bestrebungen, völkerrechtliche Bestimmungen, ähnlich jenen für das Rote Kreuz, die Behandlung von Kriegsgefangenen, auch auf Kultusstätten und Baudenkmäler auszudehnen, fanden ihren Niederschlag in der Haager-Landkriegs- ordnung von 1907 2). Darin wurde bereits festgesetzt: die dem Gottesdienst, der Kunst und Wissenschaft gewidmeten Gebäude sind zu schonen, alle Beschlagnahmungen, absichtliche Zerstörung und Beschädigung von geschichtlichen Denkmälern und von Werken der Kunst und der Wissenschaft sind verboten und untersagt. Es zeigte sich aber im Verlauf des 1. Weltkrieges, daß es kriegstechnisch gar nicht mehr möglich war, die Kriegshandlungen geographisch so zu lokalisieren, daß Baudenkmäler und Kultusstätten ausgespart werden konnten. Die Bestrebungen für eine völkerrechtliche Verankerung des Kulturgüterschutzes gingen auch nach 1918 weiter. Auf Wunsch der internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit unterbreitete im Jahre 1938 das internationale Museumsamt dem Völkerbund den Entwurf zu einem internationalem Abkommen über den Schutz von kulturell wertvollen Gütern in Kriegszeiten. Der Ausbruch des 2. Weltkrieges 1939 machte eine Weiterverfolgung dieser Bestrebungen zu nichte, ja gerade dieser Krieg führte zu Zerstörungen an Kulturgut in bisher nicht gekanntem Ausmaße. Auf Grund eines Beschlußes der Unesco vom Jahre 1949 nahm das Sekretariat der Unesco diese Pläne wieder auf. Es bearbeitete das Problem des Schutzes von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten in Zusammenarbeit mit dem internationalen Museumsrat und Experten. Eine 2) Vgl. Kurzbericht des Dienstes für Kulturgüterschutz des eidg. Departe- mentes des Innern über seine Tätigkeit und über den Stand der Vorbereitungen erstattet an der Generalversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Kulturgüterschutz vom 29. III. 1965 in Zürich. — Hektographierte Mitteilung.