Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 20. (1967)

BRETTNER-MESSLER, Horst: Die Balkanpolitik Conrad von Hötzendorfs von seiner Wiederernennung zum Chef des Generalstabes bis zum Oktober-Ultimatum 1913

Die Balkanpolitik Conrad v. Hötzendorís 203 herzog mit, daß die Truppen des 13., 15. und 16. Korps lediglich für einen Krieg gegen Montenegro allein ausreichten. Sollte jedoch der wahrschein­lichere Fall eines Krieges gegen beide Königreiche eintreten, so sei die Mobilisierung für den B-Fall erforderlich35). Auch dem Außenminister gegenüber verharrte der Chef des Generalstabes auf seinen Kriegsforde­rungen, da er nicht an ein Nachgeben Montenegros glaubte, ohne Berch- told — der einem isolierten Vorgehen der Monarchie ohne Zustimmung der Großmächte ablehnend gegenüberstand — zunächst umstimmen zu können36). Als Conrad durch Telegramme der Militarattachés in Athen und Belgrad von der Fortsetzung der serbischen Seetransporte, sowie durch ein Telegramm aus Cetinje von der kritischen Lage Skutaris erfuhr, leitete er diese Nachrichten unverzüglich an das Außenministerium weiter und forderte gleichzeitig den sofortigen Beginn der Blockade und die Verhin­derung der Seetransporte. Sollte dieser Schritt keinen Erfolg zeigen, oder sogar serbische und montenegrinische Gegenmaßnahmen zur Folge haben, dann müßte sofort die Mobilisierung gegen diese beiden Staaten erfol­gen37). Der Minister des Äußeren lehnte in seinem Antwortschreiben an Conrad dessen Anträge ab, da er glaubte, daß selbst die Blockade auf den Widerstand der Mächte stoßen würde. Gerade jetzt zeige jedoch England Bereitschaft einige Schiffe nach Montenegro zu entsenden, wenn sich zwei oder drei andere Mächte der Aktion anschließen würden. Dies­bezügliche Verhandlungen mit Deutschland und Italien seien bereits im Gange. Wenn die Lage geklärt sei, werde Österreich-Ungarn seine For­derungen nachdrücklichst vertreten38 *). Conrad zeigte sich in einem Ge­spräch mit dem deutschen Militärattachö in Wien Graf Kageneck, mit einer internationalen Flottenaktion gegen Montenegro nicht einverstanden, militärische Maßnahmen gegen Serbien und Montenegro erschienen ihm erfolgversprechender 38). Die Nachricht von der Eroberung einiger Werke am Tarabos, sowie Meldungen von der Gefahr eines Aufstandes in Bos­nien, der Herzegowina und Dalmatien, schienen die Befürchtungen des Chefs des Generalstabes zu bestätigen. Er begab sich daher in das Außen­ministerium, um von Berchtold die Zustimmung zur Einleitung militäri­scher Sicherungsmaßnahmen zu verlangen. Als der Außenminister dem Kaiser dieses Ansuchen unterbreitete, schob der Monarch eine Entschei­dung zunächst auf und befahl Conrad für den 2. IV. zu einer Audienz, die 3ä) Ebenda: S. 89 f. (Schreiben Conrads an die M. K. F. F. vom 27. III. 1913). 3e) Ebenda: S. 91 f. (Konferenz bei Berchtold am 27. III. 1913). 37) Ebenda: S. 94ff., Anm. (2 Telegramme Tanczos’ vom 30. III. 1913, einget. 30. III. 1913 7 h nm. und 31. III. 1913 3 h 5 m vm.; sowie ein Telegramm Gelli- neks vom 30. III. 1913, einget. 30. III. 1913 12 h nm.). 38) Ebenda: S. 197. (Schreiben Berchtolds vom 31. III. 1913), G. P. XXXIV/2, Nr. 13.053, Nr. 13.060. 38) G. P. XXXIV/2: Nr. 13.067.

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