Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)
STRNAD, Alfred A.: Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhof. Zu den Beziehungen zwischen Reich und Kurie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhof 45 sem Umstande mag das Privileg vom 30. Mai 1371, sowie dasjenige für Filippo Corsini, Pietros Bruder, vom darauffolgenden Tag entsprungen sein, welches dem Kardinal ein Jahrgeld von tausend Gulden aus der Reichssteuer von Florenz anwies, sowie seinem Bruder zum Lateranen- sischen Pfalzgrafen ernannte und ihm die Befugnis erteilte, Legitimationen, Handlungen freiwilliger Gerichtsbarkeit sowie die Bestellung von Notaren und Richtern vorzunehmen 112). Allein schon bald darauf stellten sich erste Schwierigkeiten ein. Denn als Pietro Corsinis Beauftragte sich in Florenz einfanden, um die Rechte ihres Herrn an der Reichssteuer der Stadt geltend zu machen, da zeigte es sich, daß diese auf lange Zeit vergeben war. Man griff daher zu folgendem Ausweg, indem man Karl IV. den Vorschlag unterbreitete, er möge dem Kardinal unter prozentueller Verkürzung der schon früher Privilegierten den Vorrang einräumen und ihm ab sofort, wenn schon nicht zur ganzen Summe, so doch zur Hälfte zu verhelfen. Zu diesem Zwecke wendete man sich an den Erzbischof von Prag und sandte ihm zugleich mit einer entsprechenden Instruktion einen vollständig ausgearbeiteten Entwurf für ein neues kaiserliches Privileg. Zu allem Überflüsse ließ man sich von dem Rechtslehrer Francesco Albergotti aus Arezzo, der seit 1349 in Florenz bürgerliches Recht dozierte, ein überaus ausführliches Gutachten erstellen, welches die Befugnis des Kaisers, im Sinne der Florentiner Herren zu verfahren, unwiderleglich dartat113). Der Erfolg blieb in der Tat nicht aus; schon am 8. Juni 1372 genehmigte Kaiser Karl IV. von Mainz aus, wo er sich damals gerade aufhielt, den ihm vorgelegten Entwurf, nur wurde der sofort auszuzahlende Betrag von tausend Goldgulden auf sechshundert reduziert114). Mehr als zwei Monate darnach wurde jedoch dem Kardinal, vielleicht wieder auf eine Anregung aus Avignon oder Florenz, eine Expektanz auf die rest112) Druck dieses Privilegs bei Otto 72—74 n. V, 1. — Am 1. Juni 1371 ernannte der Kaiser Pietros Bruder, Filippo Corsini, zum Lateranensischen Pfalzgrafen und erteilte ihm eine Reihe von Privilegien (ebd. 74—77 n. V, 2). Über Filippo, der den Kardinal überlebte und auch beerbte — er starb erst 1421 — vgl. 24 f. Anm. 64. •— Auch die Florentiner hatten an dem Kardinal einen Protektor ihrer Wünsche an der Kurie. Corsini trat stets für Florenz ein und geriet dadurch in scharfen Gegensatz zu Kardinal Galeotto da Pietramala, einem Tarlati, der ein ausgesprochener Gegner der Stadtgemeinde war (vgl. etwa den Briefwechsel des Coluccio Salutati, ed. Francesco Novati 2, Fonti per la Storia dTtalia 16, Roma 1893, 480—483 n. XXIII). U3) Darüber ausführlich Otto 59 f.; der im Anhang die darauf bezüglichen Dokumente, darunter die Instruktion an den Prager Erzbischof und das Gutachten des Albergotti, abdruckt (78—87 nn. V, 3—V, 7). 114) Der Entwurf für die Kaiserurkunde gleichfalls bei Otto 79 f. n. V, 4. Dort auch 83—85 n. V, 6 das Privileg Karls IV. für den Kardinal aus Mainz (vgl. Regesta Imperii VIII, n. 5076). Der Aufenthalt Karls in Mainz währte von Mitte Mai bis Anfang Juni 1372 (ebd. nn. 5042a—5076a).