Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BENNA, Anna Hedwig: Doppelspionage im Türkenjahr 1683

Doppelspionage im Türkenjahr 1683. Von Anna Hedwig Benna (Wien). Als in der ersten Hälfte des Jahres 1683 in Wien Berichte der kaiser­lichen Gesandten in London und Den Haag über eine Verschwörung und Attentatspläne gegen Karl II. von England einliefen1), ahnte man am Wiener Hof nicht, daß ein Agent aus Amsterdam im Sommer während der Belagerung Wiens mit Nachrichten über Leben und Herrschaft des Kaisers bedrohende Bestrebungen hochgestellter Persönlichkeiten am Kaiserhof aufwarten würde. Wohl kein Zufall, daß diese Nachrichten aus Holland kamen. In diesen Jahren bildete Holland und vor allem Amsterdam ein Zentrum der Agenten und Geheimdienste. Amsterdam, die Stadt der Ver­leger und Zeitungsherausgeber, versorgte fast alle europäischen Länder mit Nachrichten. Hier spielte vor allem die französische Agitation eine nicht unbeachtliche Rolle. Es gelang den Franzosen, ehemalige diplomatische Vertreter anderer Mächte in ihre Dienste zu nehmen2). 1684 kam es in Holland fast zu einem Skandal, als es sich herausstellte, daß eine Reihe von Amsterdamern, darunter der Amsterdamer Pensionär Hop und der Deputierte Hooft sich mit dem französischen Botschafter Comte d’Avaux3) !) Berichte des Gesandten Grafen Franz Sigismund von Thun, London, 1683 Mai 14, Juli 9, 24. Haus-, Hof- und Staatsarchiv. England, Korrespondenz Kart. 22. Bericht des Gesandten Daniel Johannes Kramprich von Kronenfeld, Den Haag, 1683 Juli 12. ebenda. Geheime Staatsregistratur Kart. 68. Zur Verschwörung vgl. Onno Klopp, Der Fall des Hauses Stuart und die Succession des Hauses Han­nover in Großbritannien und Irland 2 (1875) 405 ff. 2) So vor allem den ehemaligen brandenburgischen Agenten Abraham de Wicquefort, der sich als Agent Mazarins betätigte [zu Wicquefort vgl. C. G. Pica vet, La diplomatie francaise au temps de Louis XIV 1661—1715 (1930) S. 184. Käthe Spiegel, Wilhelm Egon von Fürstenbergs Gefangenschaft und ihre Bedeutung für die Friedensfrage 1674—79, Rhein. Archiv 29 (1936)] und den Schweizer Francois Mollo, ehemals polnischer Resident in Holland, der seit 1683 in Beziehungen zu Colbert de Croissy stand (vgl. Picavet, a. a. O., S. 184). Aus einem Bericht Kramprichs, Den Haag, 1683 November 29 (Geheime Staatsregistratur Kart. 68) wird ersichtlich, daß Mollo in Korrespondenz mit Jean Francois Joseph Villcardel, Marquis de Fleury, dem Organisator der ersten österreichischen Donauflottille stand [zu Fleury vgl. H. v. Srbik, Adriapolitik unter Kaiser Leopold I., MIÖG Erg. 11 (1929) 635. S. Stelling-Michaud, Les aventures sur le Danube (1933) passim]. 3) Jean Antoine de Mesmes Comte de Avaux, französischer Gesandter in den Vereinigten Niederlanden 1678—88. Vgl. Bittner-Gross, Repertorium der diplo­matischen Vertreter aller Länder seit dem Westphälischen Frieden 1648 1 (1936) 225. Mitteilungen, Band 17/18 i

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