Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
KUN, Jószef: Das ungarische Kriegsarchiv
Ungarn 677 Das Archiv des Königlich-ungarischen Honvéd-Ob er kommandós enthält die wichtigsten kriegshistorischen Dokumente vom 1867-er Ausgleich bis zum Ende des ersten Weltkrieges (1867—1918). Das Honvéd-Oberkom- mando war ohne große organisatorische Veränderungen bis zum Ende des ersten Weltkrieges tätig. Zu seinem Wirkungskreis gehörte die Leitung der Honvédausbildung, Disziplinaraufsicht, die Registratur des Bestandes und des Militärvorrats. Der Landesverteidigungsminister gab seine eigenen Verordnungen durch den Oberkommandanten der Honvéd an die Militärbehörden ab, und auf diesem Wege bekam er auch ihre Meldungen. Der Oberkommandant der Honvéd verfügte über die Militärbehörden und Truppen, aber die wichtigsten Verordnungen mußte er auch dem Landesverteidigungsminister melden. In der Reihe der Archive der Oberen Kommandostellen nahm das Archiv des sogenannten Roten Armeekommandos einen wichtigen Platz ein. Es ist eine der wichtigsten Quellen für die Kämpfe der Roten Armee. Die Akten umfassen alle Gebiete der Tätigkeit der Roten Armee. Die inhaltliche Teilung der Schriften ist folgende: Schriften der Operations-, Aufklärer- und ökonomische Tätigkeit des Armeekommandos; die Schriften des Referenten für Flugwesen; Tagebuch des Oberkommandos; Sammlungen der Heeresaufgliederungen. Neben dem Archiv des — auch die Horthy-Aera umfassenden Landesverteidigungsministeriums — ist das bedeutendste Schriftenmaterial das Archiv des Generalstabes (VKF), das die Zeit vom Sommer 1919 bis 1944 behandelt. Das Material der einzelnen Sektionen wurde gründlich aussortiert, es bildet aber noch immer eine wichtige Quelle für die Forschung der diplomatischen, miltärpolitischen, und heeresorganisatorischen Tätigkeit der Horthy-Aera. Die Erforschung der Geschichte des zweiten Weltkrieges wird dadurch sehr erschwert, daß die Registraturen der Truppen und der höheren Einheiten entweder gar nicht oder nur in Bruchstücken in das Kriegsarchiv gesandt wurden. So bekam das Archiv des 2. Königlich-ungarischen Heereskommandos noch eine größere Bedeutung in der Erforschung des zweiten Weltkrieges. Das umfangreichste gerichtliche Material besitzt das Archiv des Königlich-ungarischen Szegeder Honvéd-Gerichtsstuhles (1870—1944). Nach diesem folgt der Größe nach das Archiv des Königlich-ungarischen Miskolcer Honvéd-Gerichtsstuhles (1915—1945). Beide Archive liefern wertvolle Dokumente aus dem ersten und zweiten Weltkrieg über die inneren Verhältnisse, die moralische und politische Lage der Armee, über die Stimmung des Hinterlandes, bzw. über die linksgerichteten Bewegungen während des zweiten Weltkrieges. Dem Umfang nach geringer, aber einen sehr wichtigen Wert haben die bei uns aufbewahrten Kriegsgerichtsakte der Bach-Epoche und der Zeit des Absolutismus. Hier befinden sich die aus den Jahren nach dem 1848/49er Freiheitskampf stammenden Akten des k. u. k. Standgerichtes und anderer Militärgerichte. Dieses Material besteht aus folgenden wichtigen Fonds: Schriften des Arader, Pester, Nagyvárader, Pécser, Kassaer, Pozsonyer- Gerichtes; ferner die Schriften des Győrer, Gyöngyöser, Kecskeméter und Nagykanizsaer Schnellgerichtes.