Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

KUN, Jószef: Das ungarische Kriegsarchiv

674 Archivberichte arbeitung des gemeinsamen Materials kann die ungarische Regierung mit Bewilligung der österreichischen Bundesregierung eine bestimmte Zahl von Beauftragten nach Wien entsenden. Die Delegierten betätigen sich als Mitglieder der Wiener Stelle des ungarischen Kriegsarchivs. Diese Stelle besteht auch heute noch neben dem österreichischen Kriegsarchiv. Nach der Gründung des selbständigen Instituts wurde dieses im Gebäude des ungarischen Landesarchivs auf dessen III. und IV. Stock untergebracht. Die Kriegsereignisse, die sich hier im Herbst 1944 abspielten, hatten für das im Archiv verwahrte Material schlimme Folgen. Am 17. November 1944 übersiedelte ein Teil des Offizierskorps des Archivs nach Balatonfüred und Sümeg; zu einem späteren Zeitpunkt nach Csepreg und Bük. Die übersie­delte Gruppe nahm viel wertvolles Material mit, von dem nur ein geringer Teil nach dem Kriege wieder zurück in das Archiv kam. Infolge der Kriegsereignisse fiel der Flügel des Gebäudes, indem sich das Depot des Archivs befand, bis zum Erdgeschoß zusammen. Von den 60 Räumen des Archivs gingen 55 völlig zugrunde, bzw. wurden schwer be­schädigt. Nach der Befreiung im Jahre 1945 tauchte die Frage auf, wie das Ar­chiv weiterhin arbeiten solle. Provisorisch wurde es als eine Abteilung des Ministeriums für Landesverteidigung registriert; die aus den Ruinen geborgenen wertvollen Akten nahm vorübergehend das (kriegsgeschicht­liche Museum) heeresgeschichtliche Musum in Verwahrung. Während dieser Zeit mußten die Bearbeitungen und Forschungsarbeiten zurückge­stellt werden, da das Material noch nicht nach Beständen geordnet war. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes ergriff das Ministerium für Landesverteidigung Maßnahmen, um für das Archiv eine Unterkunft zu finden. Im Jahre 1946 wurde das jetzige Gebäude dem Archiv zugeteilt2 3). Während des Krieges wurde aber auch dieses Gebäude schwer beschädigt. Für Arbeitsräume und Magazine standen nur wenige Räume zur Verfügung. So mußte sämtliches Material auch weiterhin ge­stapelt im Depot liegen. Der Umbau und Wiederaufbau des Gebäudes hatte aber bereits begonnen. Die Tätigkeit des Archivs im Zeitraum von 1946 bis 1950 weist — aus den verschiedensten Gründen — nur wenige Erfolge auf. So fehlte es an Archivaren und die Unterbringungsmöglichkeiten waren gering. Die Be­stände des Archivs kamen von einem provisorischen Platz zum anderen. Die außerordentlich kleine Zahl von Mitarbeitern konnte nicht einmal in den Registraturen s) der Bestände, die aus dem Landesarchiv in das Kriegs­archiv überführt wurden, Ordnung schaffen. Die völlige Neuordnung des gesammelten Materials mußte auf spätere Zeit verschoben werden. Der Wendepunkt in der Entwicklung unseres Archivs trat 1950—51 ein. Von dieser Zeit an bekam das Institut mehr und mehr Unterstützung vom Staat in Bezug auf materielle Fragen und in Personalfragen. Damals wur­den mehrere Universitäts-Absolventen und junge Fachleute aufgenommen. Eine besondere Betonung muß auch auf die große staatliche Unterstützung 2) Budapest I. Kapisztrán tér 2. 3) Registratur: In einem Organ, Institut oder Büro während der Amts­führung zustandegekommenes Aktenmaterial.

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