Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels

284 Richard Blaas eindeutige Sprache gegen den österreichischen Handel, der nicht infolge mangelnder Qualität sondern infolge mangelnder Beschickung und Ver­tretung so darniederlag. Österreichische Erzeugnisse sind in manchen Orten direkt gesucht*, so z. B. die Thonet-Möbel aus Wien, die aber über nord­deutsche Firmen importiert werden oder Österreichische Biere, die man vielfach mit der Aufschrift „Vienna Dreher“ findet, die aber aus deutschen Brauereien stammen und somit einen Mißbrauch einer österreichischen Fabrikationsmarke bilden. Alle diese Fakten zeigen, daß ein intensiverer Handel möglich wäre bei Ausbau der Schiffahrtslinien, Errichtung öster­reichischer Niederlassungen in Brasilien und Reorganisierung des Konsu­latswesen und als oberstes Gesetz: Anpassung an den dortigen Markt: „Bekanntlich ist es nicht in Brasilien allein, wo man gegen unsere Indu­strie den Vorwurf der mangelnden Anpassung erhebt und es muß wirklich wundernehmen, wie man im Laufe der Jahre immer noch nicht verstehen konnte, daß man für den Konsumenten arbeite und diesen nicht zwingen könne, sich den Ansichten des Fabrikanten zu fügen. Man weiß jenseits des atlantischen Ozeans oft gar wenig von der Lei­stungsfähigkeit unserer Industrie. Wer aber sollte auch ein großes Interesse daran haben? Darin liegt ja ein Kardinalfehler unseres überseeischen Handels, daß wir kommerziell nicht auf den maßgebenden Plätzen ver­treten sind und es dem guten Willen Fremder überlassen, ob man sich unserer Artikel annimmt oder nicht. Für die Hebung des Handels sind folgende Bedingungen zu erfüllen: 1. regelmäßige Dampferverbindungen einzurichten, 2. unseren Handel mit Brasilien durch Entsendung nationaler Elemente zu beleben und zu organisieren, 3. eine Eskomptebank zur Unterstützung des Geschäftsverkehrs zu gründen, 4. eine Reorganisierung des Konsulatswesens, 5. eine dauernde Stationierung eines Kriegsschiffes“ 17ä). — Der Bericht der Aurora hebt mit Recht hervor, daß alle diese Punkte ja schon oft und wiederholt im Verlaufe des mehr als halbhundertjährigen Versuches, den österreichischen Überseehandel zu aktivieren, vorgeschlagen worden sind, und fügt resigniert die Bemerkung bei: „Wenn man sich daran erinnert, wie oft schon und immer wieder ohne Erfolg auf die er­wähnten unerläßlichen Voraussetzungen jedes überseeischen Handels von den verschiedensten Seiten hingewiesen wurde, wie auch niemals die An­erkennung dieser Notwendigkeit bestritten wurde, so könnte man fast den Mut verlieren und es als ein unabänderliches Verhängnis betrachten, daß alle Ratschläge und Mahnungen nichts nützen“ 175). Fast wörtlich gleichlautend sind die noch ausführlicheren Berichte des Fregattenkapitäns Müldner, der mit S. M. Schiff „Albatros“ im Jahre 175) Die Reise S. M. Corvette „Aurora“ nach Brasilien, Pola 1885, S. 26, 32. 47, 52.

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