Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BENNA, Anna Hedwig: Doppelspionage im Türkenjahr 1683
Doppelspionage im Türkenjahr 1683 21 lieh schien, verschaffte sich Sébeville Informationen über die Sitzungen der Geheimen Konferenz vor der Flucht des Kaisers aus Wien. Er wußte die näheren Umstände über den Tod des Reichshofratspräsidenten Schwarzenberg m) zu berichten, der nach einer heftigen Auseinandersetzung in der Geheimen Konferenz, wo er für eine konziliante Politik gegenüber Frankreich eingetreten war, dabei die Unterstützung des Oberstkämmerers Dietrichstein, des neuen österreichischen Hofkanzlers Stratmann und des Vizepräsidenten der Hofkammer Jörger und die Gegnerschaft der spanischen Partei am Hofe, Sinellis und des Hofkriegsratspräsidenten Markgraf Hermann von Baden gefunden hatte, von einem Schlaganfall dahin gerafft wurde lls). In der zweiten Hälfte des Jahres 1683 verfügte Sébeville über noch bessere Informationen; der Vizepräsident der Hofkammer Graf Jörger bot ihm seine Dienste an112 * 114 *). Er fand aber auch noch jemanden, der ihm berichtete, was im Geheimen Rat und im Hofkriegsrat vor sich ging116). In Sébevilles Berichten wurde immer wieder die Käuflichkeit der kaiserlichen Minister betont 116). Die Verunglimpfung und Verleumdung kaiserlicher Minister dürfte gerade im Sommer 1683 im Schwung gewesen sein. In Wien wurde ein Schmählibell gegen den General Caprara vom Henker unter dem Galgen verbrannt 117). Schwarzenberg wurde vom spanischen Botschafter als Pensionär Frankreichs und Feind des Hauses Österreich bezeichnet118). Sébevilles Informationsquellen reichten über Wien hinaus bis ins türkische Lager. Es blieb nicht aus, daß er beschuldigt wurde, den Türken Ratschläge erteilt und sie ermuntert zu haben, die Belagerung fortzusetzen119 *). In den Berichten Sébevilles spielte auch die Mißstimmung der bäuerlichen Bevölkerung Niederösterreichs, die vom Türkenkrieg alles andere als erbaut war, da sie unter den Kriegshandlungen am meisten zu leiden hatte119), eine nicht unbeträchtliche Rolle. Diese Mißstimmung verleitete Sébeville zu dem Schluß, das Volk meine, der König von Frankreich müsse kommen, um es von den Türken und der Knechtschaft ihrer Feudalherren zu befreien 12°). fremden Höfen aus der Zeit von September 1682 — Februar 1684 erliegen in Frankreich Varia 7. 112) Johann Adolf Fürst von Schwarzenberg (1615—1683). Seit 1670 Reichsfürst. Reichshofratspräsident. Seit 1669 Mitglied der Geheimen Konferenz. Vgl. Maurer, Kollonitsch, S. 139—140. Gschliesser, Reichshofrat, S. Gross, Reichshofkanzlei, S. 343, 422. 462. Schwarz, The imperial privy council, S. 336—342. lls) Vachon, La Nouvelle Revue. 23, 775. Guillot, Revue d Histoire diplomatique 25, 436, 437. ll4) Guillot, Revue des questions historiques 81, 418, 419. 116) Ebenda, S. 405, 406. 41«) Ebenda, S. 430, 431 ff., 436. >17) Dudik, AÖG 3, 403. ”8) Vachon, La Nouvelle Revue 23, 777. n9) Vgl, Newald, Beiträge 2, 22, 23. Vachon, La Nouvelle Revue 23, 774 f. Pillich, MÖSTA 10, 139. 12°) Vachon, La Nouvelle Revue 23, 746.