Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BENNA, Anna Hedwig: Doppelspionage im Türkenjahr 1683

Doppelspionage im Türkenjahr 1683 9 suchung und Verhör des lobkowitzischen Sekretärs Ferri 1674 durch* 32). Seit mehr als einem Jahrzehnt besaß Abele Kenntnis von den geheimsten Staatsangelegenheiten, er selbst chiffrierte und dechiffrierte viele Schrift­stücke33). Der Amsterdamer Agent, dessen Nachrichten bei Abele Inter­esse hervorriefen, erhielt auf sein Angebot umgehend eine verschlüsselte Antwort. Die beiden Schreiben Abeies an Brechthal vom 7. und 13. August34) enthielten einen Chiffernschlüssel35) für die weitere Korrespondenz der beiden. Im Auftrag des Kaisers verlangte Abele weitere Aufklärungen. Das im Schlüssel enthaltene Namensmaterial nennt Geheime Räte, Inhaber der obersten Hofämter, Präsidenten und Vizepräsidenten der Hof stellen, Kanzler, den ungarischen Palatin und den Judex curiae, Diplomaten und Magnaten, so vor allem den Bischof von Wien36), Fürsten von Dietrich­Zu Werdenburgs Tätigkeit beim Einrichtungswerk in Ungarn vgl. Maurer, Kollonitsch, S. 261. 32) Vgl. oben S. 6, Anm. 24. 3S) Im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Geheime Staatsregistratur Kart. 61, Fz. 46, p. 6, n. 7, 9, 11, 12, 16—20, 22, 26—27, 29, 33, 34 erliegen eine Reihe von Abele verfaßten Chiffemschlüsseln für Korrespondenzen kaiserlicher Diplomaten. Zu Abele als Chiffrant und Dechiffrant vgl. Max Dworak, Briefe Kaiser Leo­polds I. an Wenzel Eusebius, Herzog in Schlesien zu Sagan, Fürsten von Lob- kowitz 1657—1764, AÖG 80 (1894), 489, 492. Gross, HVjsch. 22, 301. — Zum Gebrauch von Geheimschriften seit Maximilian I. in Wien vgl. Franz Stix, Zur Geschichte und Organisation der Wiener Geheimen Ziffernkanzlei (von ihren Anfängen bis zum Jahre 1848), MIÖG 51 (1937), 132 f. 34) Erwähnt im Schreiben Brechthals an Abele, 1683 August 31. Haus- Hof- und Staatsarchiv. Familienakten Kart. 110. Von Abele eigenhändig de­chiffriert. 35) Beilage B zu Schreiben Abeies an Kaiser Leopold I. 1683 September 23 (ebenda, Abele eigenhändig). Der Schlüssel weist in seiner Anlage Ähnlichkeit mit den in Anm. 33 genannten Schlüsseln Abeies (n. 33) auf. Die Buchstaben des Alphabets A—Z wurden durch zweistellige Zahlen, die Eigennamen durch Silben (Konsonant -)~ Vokal) ersetzt. Kaiser-ba, König-be. Kurfürst-bi. Fürst-bo. Graf-bu. Baron-ca. Rat-ce. Gehaimbe-ci. Bischof-co. Dietrichstein-cu. Baaden-da. Rosenberg-de. Zinzendorf-di. Harrach-do. Jörger-du. Abele-fa. Kaplirs-fe. Breiner- fi. Mansfeld-fo. Kinsky-fu. Strattmann-ga. Schellerer-ge. Schaf fgotsch-gi. Weissenwolff-go. Andlern-gu. Esterhasy-ha. Zrin-he. Draskovich-hi. Nadasti-ho. Lothringen-hu. Frankreich-ka. Polln-ke. Saxn-ki, Brandenburg-ko. Bayern-ku. Hungam-la. Wienn-le, Türkch-li. Reich-lo. Paris-u, Königsekh-ma. Fürsten- berg-me. Waldstein-mi. Sepeville-mo. Verjus-mu. Gravell-na. — Zu den Methoden der Geheimschriften vgl. die bei Wilhelm Gerlich, Die Entzifferung historischer Geheimschriften, MÖSTA 1 (1948), 445, angegebene Literatur. 36) P. Emerich Sinelli OFMCap. (1622—1685), Bischof von Wien seit 1681, Mitglied der Geheimen Konferenz seit 1682. Einflußreicher Berater Leopolds I. seit den Siebzigerjahren. Vgl. Gaétan Guillot, Le Pere Emerick, religieux des Fréres Mineurs Capucins, évéque de Vienne (Autriche) et ministre de l’empereur Leopold I. (1659—1685). D’aprés des documents inédits. Études Franciscaines 17 (1907) 643 ff. Kirchberger, a. a. O., S. XLIII—LIX. A. Coreth, Das Eindringen der Kapuziner-Mystik in Österreich, Jb. f. Myst. Theol. 1 (1955), 9—15.

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