Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

WAGNER, Georg: Der Wiener Hof, Ludwig XIV. und die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65

Wiener Hof, Ludwig' XIV. u. die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65 93 Ein Friede auf Kosten der Ungarn? Aus der Finalrelation von 1665 des venezianischen Botschafters in Wien, Giovanni Sagredo18) ist zu entnehmen, daß unter den ungarischen Magnaten zwei angebliche Geheimartikel des Vasvárer Friedens zirkulier­ten. Demnach sollte der Kaiser von der Pforte erstens das Versprechen erhalten haben, sie würde die Ungarn nicht mehr zu seinem Nachteil unter­stützen und es ihm gestatten, sie nach Gutdünken zu bändigen. Zweitens habe er zugesagt, einem Heereszuge der Türken nach Friaul kein Hinder­nis in den Weg legen zu wollen. Sagredo gesteht jedoch, daß es für das zweite Gerücht keinerlei Anhaltspunkte gebe, während der erste Geheim­artikel glaubwürdig sei14). Beeinflußt von diesen Dingen, protestierten die Vertreter der 13 Comitate in Kaschau am 12. November gegen den Vertrag. Obige Gerüchte machen es auch erklärlicher, warum nur wenige der hohen Würdenträger des Königreiches geneigt waren, einer Einladung des Kaisers Ende November 1664 nach Wien zu kommen, Folge zu leisten. Der Kaiser beabsichtigte unter Vermeidung der Ausschreibung eines Beichstages, von den in Wien versammelten ungarischen Räten eine nachträgliche Billigung des Friedens zu erreichen. Jedenfalls wollte er, zur Erzielung eines bes­seren Verständnisses dafür, die Gründe des Friedensschlusses darlegen las­sen. Aber man mißtraute ihm und seinen Ministern. Der Kardinal-Fürst- primas Lippay schrieb am 19. Oktober: „Ich bin entschlossen, nicht nach Wien zur Conferenz zu reisen, denn wenn dort schon jetzt Argwohn und Klage gegen mich laut wird, was wird erst werden, wenn ich meinen Ge­fühlen vor den übrigen Räten Ausdruck verleihe?“ 15). Er erschien den­noch. !3) Hrsg. v. Fiedler, F(ontes) R(erum) A(ustriacarum) 11/27, 101—118. >4) Ebenda, 110: Sagredo berichtet hier zuverlässig über Zrinyis Tod durch einen Eber. Der Wiener Hof sei dadurch einer großen Verlegenheit enthoben worden. Die Unzufriedenheit Zrinyis sei schon so groß gewesen, daß er bereit gewesen sei, Venedig mit 6000 erlesenen Soldaten zu dienen: „Disperato per la pace inopportunamente conclusa dall’Imperatore con Turchi poco avanti la sua fatale disaventura mi fece insinuare, che havrebbe servito la Republica ovunque havesse ricercato il bisogno con sei mille scielti soldati, voglioso di perire piü tosto in qualche illustre attione, che irruginire, e marcire nell’otio .. Über die zwei ominösen geheimen Vertragspunkte heißt es auf S. 110: Due secreti Capitoli trä gl’Alemani, et i Turchi furono da gl’Ongheri divulgati. II primo, che la loro Natione non sarebbe fomentata da Turchi ä disavantaggio dell’Imperatore, mä ehe sarebbe permesso ä Sua M.ta il domarla ä suo bene­placito. II secondo, che non si sarebbe fatta oppositione ä gl’Ottomani, quando havessero solute oltrepassare in Italia ä danni Friuli. Den ersten Punkt findet er „verace“, über den 2. könne man nichts Gewisses sagen. Sagredo hatte sich natürlich bemüht, im Interesse der Serenissima, die ja seit 1645 gegen die türkische Aggression auf Candia kämpfte, den Kaiser im Kriege zu erhalten und stand daher mit den kriegerischen Ungarn in engem Kontakt. is) Aus den Manuskripten Hevenessys. L. Szalay: Magyarország története, V, 98.

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