Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

PÁSZTOR, Lajos: Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg

402 Lajos Pásztor behauptet hatte, fügte dem Programm seiner Partei schon bei der Entste­hung desselben die Einführung eines internationalen Organes bei, das in der Lage sein sollte, auch die Aufgabe eines Schiedsgerichtes in den Streitfragen zwischen Nationen und Völkern zu lösen30). Im Augenblick des Kriegs­ausbruches aber erhob nicht einmal er seine Stimme gegen den Krieg; er nahm ihn als eine Notwendigkeit an, angesichts des unvollkommenen Zustandes, in dem sich Europa befand, und betrachtete ihn als gerecht, weil zu Verteidigungszwecken unternommen31). Während des Krieges unterließ er es aber nicht, für den Frie­den zu arbeiten und unterstützte sowohl im Parlament als auch beim Episkopat den Friedenswunsch des ungarischen Volkes32). Er bezeichnete den christlichen Geist als die Kraft, welche die Völker vereinigen sollte. Die christliche Lehre sollte, nach seiner Meinung, dem übertriebenen Patriotismus und den extremen nationalen Gefühlen überlegen sein33). Daß das nicht stattgefunden habe, müsse man seiner Ansicht nach auch den Katholiken zuschreiben. „Gestehen wir es uns offen ein“, schrieb er im Jahre 1917, als er die Vorkriegsjahre in Gedan­ken erwog, „daß unter den berühmten Vertretern der katholischen Politik und des katholischen sozialen Lebens der verschiedenen Länder die ge­eigneten Kontakte fehlten; ebensowenig hatte die katholische Presse der einzelnen Staaten ein einheitliches Gepräge. Im Gegenteil: in einzelnen Ländern ist gerade die katholische Presse die am meisten fanatische ge­wesen, um nationale Gefühle zu verbreiten, und war deshalb nicht frei von kriegerischem Geiste gegen die andern Länder. Außer den Eucharisti- schen Kongressen gab es keine anderen internationalen Versammlungen unter den Katholiken, ... sodaß die katholischen Staatsmänner der ver­schiedenen Länder einander kaum kannten ...“ All dies, schrieb er, wird in Zukunft geändert werden müssen, um „den Selbstmord Europas“ ver­hindern und nach diesem Weltkrieg einen Weltfrieden sichern zu können 34 *). Giesswein sah die Vereinigung aller Katholiken unter der Führung des wein-Gedenkbuch), Budapest, 1925 und den Artikel von T. v. Bogyay in Lexikon für Theologie und Kirche2, IV, Freiburg i. Br. 1960, Sp. 388. 30) Vgl. seine Rede im Abgeordnetenhaus am 31. März 1917, K. N. Bd. XXXV, S. 452. si) Ebenda, XXVI, S. 422. 32) Vgl. K. N., Bd. XXXIII, S. 459—461 und unsere Anmerkung Nr. 21. Die Ideen Giessweins blieben nicht ohne Einfluß auf den Kardinal Csernoch, vgl. J. Csernoch, Elnöki megnyitó beszéd a Szent István Társulat LXIII-ik közgyűlésén, 1917, márc. 29-én (Eröffnungsrede in der LXIII. Versammlung der Gesellschaft des hl. Stephan, gehalten am 29. März 1917), in „K. Sz.“, Nr. IV (April) S. I—VIII. 33) S. Giesswein, A kereszténység testvérisége (Die Bruderschaft des Chri­stentums), in „E. K.“, 1916, S. 1—2; vgl. auch Ders., Kereszténység és békemoz­galom (Christentum und Friedensbewegung), in „K. Sz.“, 1913, S. 508—530. 34) S. Giesswein, Az Egyház egysége és a háború (Die Einheit der Kirche und der Krieg), in „E. K.“, 1917, S. 97—99. Vgl. auch Ders., Uj idők küszöbén (An der Schwelle neuer Zeiten), in „K. Sz.“, 1918, S. 871—872.

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