Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
KANN, Robert A.: Joseph Maria Baernreithers und Graf Ottokar Czernins fragmentarische Darstellung der Sixtus-Affaire. Auf Grund der Aufzeichnungen und Dokumente im Baernreitherschen Nachlaß
J. M. Baernreithers und Graf O. Czernins Darstellung der Sixtus-Affaire 433 Brief, in welchem er das Recht Frankreichs auf Elsaß-Lothringen anerkannte und welchen der Prinz Herrn Poincaré am 31. 3. übergab. (Der Brief ist später reproduziert.) Mir gegenüber hat K. K. allerdings, als ich im Frühjahr 1918 durch Clémenceaus Veröffentlichungen davon erfuhr, die Existenz dieses Briefes geleugnet und sein schriftliches Ehrenwort gegeben, daß die Veröffentlichung Clémenceaus eine Fälschung sei (Das kaiserliche Document ist später reproduziert). Es scheint, daß alle wichtigen Punkte dieses Briefes aus dem Entwurf des Prinzen Sixtus selbst einfach abgeschrieben waren. Der Brief war vom Kaiser eigenhändig geschrieben. (Randbemerkung B.) Cz. mündlich: er hat den K., der ihm das Wort mündlich gab, gezwungen es ihm schriftlich zu geben!! („schriftlich“ doppelt unterstrichen). Unterdessen hatte in Frankreich das Ministerium gewechselt. An Stelle Briands war Ribot getreten. Der Prinz Sixtus teilte den Inhalt des erhaltenen Kaiserbriefes, wie gesagt auftragsgemäß Poincaré mit. Am 12. 4. traf Ribot mit Lloyd George in Folkstone zusammen und referierte ihm über das Vorgefallene; beide beschlossen unverzüglich mit Sonnino zusammenzukommen. Diese 2. Entrevue fand schon am 19. 4. in St. Jean de Mau- rienne statt. Sie teilten Sonnino die Möglichkeit eines öst.-ung. Separatfriedens mit und versuchten, ob Italien in diesem Falle seine Zustimmung zu einer Abänderung der Londoner Conferenz geben würde. Sonnino erklärte, die italienischen Forderungen stellten ein Ultimatum dar, von dem nicht abgelassen werden könne. Die drei Staatsmänner einigten sich sodann darauf, daß es zur Zeit nicht opportun erscheine, auf die Anregungen K. K. einzugehen. (Bemerkung B.) Cz. mündlich: im Waggon in der kleinen Station. Dies die Vorgeschichte des Prinzenbesuches. Welches die Motive waren, die die französische Regierung bewogen, die Prinzen im Mai 1917 mündlich mit K. K. in Verbindung treten zu lassen, ist mir nicht klar. Vielleicht dachten sie, daß K. K. auch auf Grund der Londoner Abmachungen einen Separatfrieden schließen werde — der später erwähnte 2te Kaiserbrief würde für diese Eventualität sprechen — oder sie hatten den Eindruck, daß K. K. irgend eine neue Botschaft mitzuteilen habe. III. Da ich — wie bereits betont — im Frühjahr 1917 diese ganze Vorgeschichte nicht kannte, so hielt ich den Besuch der Prinzen für den Beginn einer Aktion und war gespannt, welche Nachrichten oder Vorschläge dieselben bringen würden. Ich hatte mit dem älteren der beiden Herren, dem Prinzen Sixtus, 3 lange Unterredungen. Zwei in Laxenburg in Gegenwart des K., die 3. in Wien in der Wohnung des früher erwähnten Rittmeisters Gf. Erdödy, woselbst die Prinzen abgestiegen waren. Der Prinz verriet mit keinem Mitteilungen, Band 16 28