Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

PÁSZTOR, Lajos: Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg

Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg 409 konnte“ 62). Nach seinem Dafürhalten sind neue Beziehungen zwischen den Menschen nötig, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Auf nationalem Gebiet war er einer der ersten, beständigsten und eifrigsten Förderer einer neuen, gerechteren christlich-sozialen Politik. Er wollte sogar eine ganz neue Agrar-Reform, die allen Bauern ein Grundstück zu­sichern sollte63), und die Ausdehnung des Wahlrechtes auf das ganze Volk 64 65). Er betonte aber auch die Notwendigkeit, daß ein neuer Geist die inter­nationalen Beziehungen gestalte, die Isolierung der Nationen beseitige und eine Körperschaft ins Leben rufe, welche über den Nationen stehe. Wir haben diesbezüglich von ihm kein genaues Programm, da er sich damit begnügte, nur die allgemeinen Richtlinien zu zeichnen. Er ermahnte die Völker und die Staaten, ihren Wettlauf nach Macht aufzugeben, alles das zu vermeiden, was irgend eine Spannung unter ihnen schaffen könnte, sei es der Kapitalismus, der Imperialismus, der Militarismus oder der Fanatismus in den nationalen Gefühlen 6ä). Seine Idee war nicht gegen die Souveränität der einzelnen Staaten gerichtet; er behauptete nur, daß die Zeit gekommen sei, den internationalen Körperschaften einen neuen Aufbau zu geben, der „das Gleichgewicht des Rechtes und der Sicherheit“ herstelle und die Einführung einer „höheren Organisation anstelle der Anarchie“ zulasse 66). 62) Bd. XXV, S. 173 (1915): „Das Ideal des Allgemeinfriedens ist unter den gegenwärtigen Umständen sicher noch unreif. Wir haben noch nicht jenen Grad der wirtschaftlichen, sozialen, ethischen und religiösen Entwicklung erreicht, in welchem die Weltharmonie herrschen kann. Die Stunde des Ideals ist noch nicht gekommen; derjenige, der es jetzt verwirklichen wollte, würde sich von der Wirklichkeit, die der Idee eigen ist, loslösen und der Ungewißheit zustre­ben ... Vorläufig können wir den Krieg nicht ausschalten; aber wir arbeiten in dieser Richtung, um die entsprechenden wirtschaftlichen, politischen Bedin­gungen zu schaffen. Wir versuchen es, die Menschheit in die Situation zu brin­gen, in welcher sie die nationalen und die Rassenvorurteile überwindet, wo die staatliche Macht der Harmonie der ganzen Menschheit dient und nicht der Macht der einzelnen Nationen.“ 63) Bd. XXII, S. 164—184 (1916—1918). M) Bd. XIII, S. 309—317 (1918). 65) Bd. X, S. 305 (1916): „Die Staaten müssen es unterlassen, miteinander zu wetteifern, und alles, was Grund zur Spannung ist ... muß ausgeschaltet werden ... Wenn die Spannung durch den Kapitalismus verursacht wurde, gehört er abgeschafft; wenn sie aus dem gegenwärtigen Produktionssystem ent­springt, muß dieses abgeändert werden; wenn sie aus dem Imperialismus, aus dem Militarismus oder aus dem Chauvinismus resultiert, dann müssen wir uns über sie erheben. Wie immer es auch sei, es ist sicher, daß wir nicht nur zeigen müssen, Brüder in Christo zu sein und viel Menschlichkeit zu besitzen, sondern wir müssen all das auch auf internationaler Ebene verwirklichen, in den Be­ziehungen zu andern Völkern.“ Vgl. auch X, S. 292 (1915). 66) Bd. XXV, S. 170 (1915): „Wir wollen nicht den Internationalismus, noch die Unterschätzung der nationalen Eigenarten; im Gegenteil, wir wollen starke Völker, die einander achten. Wir wollen den Internationalismus mit

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