Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
PÁSZTOR, Lajos: Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg
Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg 397 Die Haltung der Katholiken im Augenblick des Kriegsausbruches zu beschreiben, ist also keine schwere Aufgabe: sie nahmen ohne die geringste Opposition die Idee an, daß es sich um einen Krieg zur Verteidigung der Lebensinteressen der Nation handle und hielten ihn als solchen nicht nur für gestattet, sondern auch für notwendig. Das Attentat von Sarajevo brachte die Existenz der Monarchie selbst in Gefahr und bedrohte daher in vieler Augen indirekt die katholische Kirche selbst. — Und noch gefährlicher konnte für sie der eventuelle Triumph des Panslavismus werden. So war auch der Klerus bereit, seine Hilfe zugunsten der kriegerischen Auseinandersetzung zu gewähren: die Fahnen wurden gesegnet, die Hirtenbriefe der Bischöfe sprachen von einem erlaubten Krieg. „Nulla salus bello, pacem te poscimus omnes“ — zitierte der Bischof Prohászka. — „Wir sind keine Freunde des Krieges .... aber wir sind uns unserer Pflichten bewußt, was die Verteidigung und Erhaltung der Unversehrtheit des Vaterlandes betrifft. Wenn das Los der Nation uns zu einem gerechten Krieg aufruft, wenn die Verteidigung der Gerechtigkeit und des Rechtes — als einzige erlaubte Verteidigung — uns einlädt zum bewaffneten Kampf, wollen wir an unserem Platze sein und unsere Pflicht tun.“ 11) Der Erzbischof von Gran, Kardinal Johannes Csernoch, legte in einer Rede am 15. Dezember 1914 seine Ansicht über die Lehre der Kirche bezüglich des Krieges im allgemeinen und des Kampfes der Ungarn im besondern fest. „Die Aufgabe der Kirche besteht nicht darin, Staaten zu regieren, noch die gegenseitigen internationalen Rechtsbeziehungen zu ordnen, wohl aber darin, die unsterbliche Seele des Menschen ihrem Endziel zuzuführen. Wenn ich also die Stellung der Kirche dem Problem des Krieges gegenüber erkläre, muß ich voranschicken, daß der Krieg kein religöses Problem ist, sondern ein juridisches, und als solches die Kirche nur interessiert hinsichtlich seiner Beziehungen zu den religiösen und sittlichen Prinzipien. Meine Darlegung dreht sich also um das Problem, ob die Kirche den Krieg als zulässig erachte oder nicht, was den Standpunkt der Lehre und der Moral anbelangt; und wie die Kirche ihn unter die ethischen Werte einordnet.“ Die Konflikte werden, nach der Meinung Csernochs, durch die Notwendigkeit gerechtfertigt. „Bellare non voluntatis, sed necessitatis est.“ Die Kirche zielt immer auf den Frieden hin. Sie will aber nicht, daß jene triumphieren, welche die Rechte der andern mit Füßen treten und durch ihre Handlungsweise das Recht verletzen. Sie erkennt also den Krieg jener Völker als gerecht an, die keinen andern Weg finden, um ihre Rechte zu verteidigen. „Der Beweggrund zum Krieg darf also nicht Eroberungslust sein, .... sondern nur die Verteidigung, im strengsten Sinne des Wortes, der ... unbestreitbaren Rechte.“ Der Eintritt Ungarns in den Krieg ist gerechtfertigt, da es sich in seinem Fall offenbar darum handelt, sich mit den Waffen zu verteidigen und zum Kampf geii) XXII, S. 117 (1914).