Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
BENNA, Anna Hedwig: Eine Wiener Ratsliste und das Wiener Stadtrecht von 1340
Eine Wiener Ratsliste und das Wiener Stadtrecht von 1340 23 den römischen König und seinen Sohn Albrecht, so handelte es sich 1288 um einen weit folgenschwereren Akt, der die Rechtsstellung der Stadt Wien entscheidend verändern sollte. Durch ihn wurde das Ende der reichsstädtischen Stellung Wiens, die durch die Treueerklärung für den künftigen Landesherren 1281, in dem die Wiener Oberschicht nicht nur den König, sondern auch einen seiner Söhne als Herren anerkannte, schon eine Wandlung erfahren hatte, herbeigeführt. Anerkannten doch 1288 Stadtrichter, Bürgermeister, geschworene Räte und Bürgergemeinde Herzog Albrecht I. als ihren wahren Herren, entsagten allen Einigungen 188) und verzichteten schließlich auf die ihnen von König Rudolf I. verliehenen Privilegien189). Verstärkt wurden diese Verpflichtungen der Träger des politischen Willens der Stadt durch Treuverpflichtungen einzelner Bürger 19°). Da die urkundliche Nennung eines Bürgermeisters vor 1282 bis jetzt nicht bekannt wurde und auch sonst in den Quellen kaum ein Hinweis auf das Amt eines Vorsitzenden der Bürgergemeinde oder der Behörde der 24 und ihres Nachfolgers des Rates auf taucht, kann mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß das Entstehen des Bürgermeisteramtes in die Anfänge der Herrschaft Albrechts I., in die Periode der Auseinandersetzungen der Wiener Bürgergemeinde und vor allem ihrer ritterlich-bürgerlichen Oberschicht um die rechtliche Stellung der Stadt fällt. Im Gegensatz zu dem vom Stadtherren eingesetzten Stadtrichter handelte es sich beim Bürgermeister im 13. und 14. Jahrhundert um ein städtisches Amt. Wie aus der Bürgermeister- und Ratswahlordnung der Herzoge Wilhelm, Leopold und Albrecht IV. von 1396 191), in der der ältere Rechtsbrauch der Bürgermeister- und Ratswahl überliefert ist, hervorgeht, erfolgte die Wahl von Bürgermeister und Rat im 14. Jahrhundert und vermutlich auch in der älteren Zeit durch die Bürgergemeinde. Ob diese Wahlen allerdings jährlich stattfanden, kann für die ältere Zeit nicht mit Sicherheit angenommen werden, obwohl vieles dafür spricht192 * *). Die Ratswahlordnung von 1396 unterscheidet 2 Wahlvorgänge durch die Bürgergemeinde. In einem dieser Wahlgänge sollten von der Bürgergemeinde Bürgermeister und Rat aus 188) Vgl. oben S. 10, Anm. 69. 189) Vgl. oben S. 7, 8, Anm. 55. 190) Vgl. die bei Stowasser, MIÖG. Erg. 5, 86 verzeichneten Treubriefe von 30 Bürgern aus dem Kreise der Wiener Oberschicht. 191) Bürgermeister- und Ratswahlordnung, 1396 Februar 24 (Schwind- Dopsch, n. 146, S. 281, ... daz wir den erbern weysen unsern getrewn liebsten n. der genozen gemayn unserr stat hie ze Wienn reichen und armen von sundern gnaden die gnad getan haben und tun auch wissentlich mit kraft ditz briefs, daz hinfur alle iar ain burgermaister und ain rat ze Wienn sullen verkert werden, und daz dieselb gemayn der ganczen stat ainen andern burgermaister und ainen andern rat ierleich mit rechter wal, als die vor an n. der gemain gewönlich ist gestanden, getrewlich und an gever erweln sullen von erbern erbpürgern, kaufleuten und gemaynen erbern hantwerdhern). 192) Planitz, Deutsche Stadt, S. 323.