Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
SUTTER, Berthold: Erzherzog Johanns Kritik an Österreich
Erzherzog Johanns Kritik an Österreich 203 Afrika, ivo sie neue Paraguai bilden können, Nationen auf der untersten Stufe übernehmen, bilden, regieren, da sind sie trefflich. Da wo aber Bildung herrschet höchst gefährlich und überflüssig.“ Die gleiche Angelegenheit brachte der Erzherzog am 14. Jänner 1836 bei einer persönlichen Unterredung mit dem Grafen Kolowrat zur Sprache: „Mit Kolowrat besprach ich mich zweymal. Dieser Mann bleibet sich steets gleich, edel, redlich, offen. Meine Gespräche enthielten ivenig Besonderes, das Vorzügliche werde ich blos bemerken. Ich wiederholte das, was ich ihm bey dem Anlass der Bittschrift der Marburger Bürger rücksichtlich der Jesuiten schrieb. Ich kenne wohl die Ansichten des seeligen Herrn, leider sey derselbe etwas zu weit gegangen, das aber heische nicht, daß man noch weiter gehen müsse. Wo Bischöfe sie verlangten, möge man sie zulassen (ich nach meiner Ansicht auch nicht), es wären ohnedies blos jene von Graz und Linz in diesem Falle, man gebe ihnen keine Güter, keine Sustentation, reduciere sie auf eigene Mittel, oder was das Beste sey, begrabe nun die ganze Verhandlung in jene Schublade, wo der seelige Herr manche Vorschläge, welche ihm nicht recht einleuchteten, dunsten ließ. Kolowrat meinte, diese Schublade sey nicht mehr, — leider, sagte ich. — Jede Jesuiten-Einführung könnte nur eine üble Wirkung und Irrungen nach sich ziehen, vor 60—70 Jahren war alle wissenschaftliche Intelligenz in diesen Körpern, izt sey sie überall zerstreuet und im weltlichen Stand bey ihnen nicht mehr. Ihre Zeit sey vorüber, ich kann nur mich wehren, daß sie nicht Erziehungs- und Lehr-Anstalten in Innerösterreich bekommen. Sonderbar, daß der kluge, einsichtsvolle Metternich für sie ist. Er glaubet in ihnen eine Stütze monarchischer Grundsätze zu finden und vergißt, ivas uns die Geschichte gibt, daß sie es nur sind solange der Monarch das thut, was ihnen entspricht, unabhängig von jedem weltlichen Einfluß, nicht unter den Bischöfen des Landes stehend, in ihren Studien sich nichts vorschreiben lassend, blosse, rüstige Kämpfer von Rom, sind sie doch, was ihren Zwecken frommt, jedem hold oder feind, in den Mitteln nicht sonderlich scrupulos. Gott bewahre vor solchen Körperschaften!“ Die Frage der Jesuiten kehrt in Erzherzog Johanns Tagebuch nun häufig wieder, so noch am gleichen Tag bei seinem Bericht über ein Gespräch mit dem Grafen Mittrowsky69). Nachdem der Erzherzog mit dem Grafen genauestens die Um- und Neubesetzung der Kreisämter in Innerösterreich — so wie kurz zuvor mit dem Grafen Kolowrat — unter 69) An der gleichen Stelle heißt es im Tagebuch: „Mittrowsky sprach ich zweymal, einen redlichen, erfahrenen Geschäftsmann, mag er ängstlich und langsam seyn, so hat er doch das Gute, nichts zu verderben und mit Gelassenheit alles anzuhören. Es lieget nur in der Art, wie man es ihm vorträgt und daß man sein Ansehen nicht verletzet, was er auch das Recht zu fordern hat. Ich spreche gerne mit ihm“.