Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

SUTTER, Berthold: Erzherzog Johanns Kritik an Österreich

Erzherzog Johanns Kritik an Österreich 195 Seinen Gesamteindruck aber faßte er am gleichen Abend in den Worten zusammen: „Wir sind nicht mehr weit und d a s M a ß i s t v oll. Es be­darf nur irgend eines unvorhergesehenen Ereignisses und es brennt überall auf. So ein Feuer löschet niemand mehr ohne den größten Opfern und izt wäre so leicht zu helfen.“ Genau fünf Jahre später, am 19. und 20. Februar 1836, hörte der Erz­herzog hier in Gröbming beinahe die gleichen Klagen wieder, nur mit dem Zusatz, daß sich der Zustand von Tag zu Tag bedrohlich verschlechtere. Einige Bauern sagten ihm sogar „ganz trocken, es muß ein Plan seyn, es darauf anzulegen, daß eine Revolution herbeygeführet werde.“ Wenige Tage später, am 23. Februar, wurde der Erzherzog in Teufenbach von einem Mitglied der Landwirtschaftsgesellschaft zur Seite genommen, „kla­gend wie herumziehende 2 Tyroler die Leute aufhetzen, sagend, daß wie der Kaiser in Tyrol war, wenn er nicht in das, was das Land begehret, eingewilliget, sie ihn nicht mehr herausgelassen hätten; die Steyrer sollten wie sie thun.“ Nach einer Verhandlung am 22. Februar 1838 in Rotten­mann über „Unterthans Sachen“, klagt Erzherzog Johann: „Das Üble ist, daß diese so auf gereget werden durch gehässige Winkelschreiber, ivährend Admont zu scharf, zu habsüchtig, durch ihre schlechte Finanzlage ge- dränget, darein gehet, daß das Kreisamt nie mit Geduld, Ruhe, die Sache erschöpfend behandelt und so der Sache ein Ende gemacht hat.“ Der Erzherzog beruhigt und verspricht Abhilfe, doch die Bauern glaub­ten ihm nicht mehr. Ihre Klagen werden jedoch erst dann ganz verständ­lich, wenn wir uns daran erinnern, daß es Jahre hindurch Mißernten gab, die Cholera das Land heimsuchte, der Wert der Bauerngüter, da zu viele zum Verkauf angeboten wurden, auf einen Spottpreis herabsank, die Herr­schaften die Urbarialleistungen zu erhöhen versuchten und zudem herum­ziehendes Gesindel die Bauern arg schädigte. In diesem Zusammenhang klagt der Erzherzog am 12. Oktober 1847, daß man seinen einfachen Plan der Schaffung einer Gendarmerie, obwohl er Jahre lang „bitte, warne, rede“, noch immer nicht verwirklicht habe, weil man sich mit kostspie­ligeren Plänen trage, die aber wiederum aus Geldmangel nicht verwirklicht werden könnten. „So geschieht nichts und das Übel wird täglich ärger, die Abhülfe dringender.“ Die Stimmung war umso gereizter, als zwar seit 1819 die Regierung die Grundsteuern nicht mehr durch die Grundherr­schaften, sondern durch die Kreisämter und überdies „provisorisch“ wie­der nach dem josephinischen Steuerfuß einheben ließ, die Kreisämter aber vielfach „in gutmüthiger Trägheit“ die Steuern nicht eingetrieben, aber auch nicht für entsprechende Nachlässe gesorgt hatten, so daß die Steuer­rückstände, welche dann plötzlich über Weisung, um die riesigen Staats­schulden abzutragen, rücksichtslos eingetrieben wurden, einfach nicht ge­tilgt werden konnten. So wurden vielfach mitleidslos Pfändungen vorge­13*

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