Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

KÁLLAY, István: Einige Fragen der Stadtpolitik des Wiener Hofes in Ungarn zur Zeit Maria Theresias

158 István Kállay teil erlitten. Auf das Rescript ist die Antwort nur im Jahre 1771 zu finden. Nach der Antwort der Ungarischen Hofkammer waren die meisten Stadt­beamten doppelt oder noch häufiger angestellt. In Stuhlweißenburg fun­gierte Franz Lemer, Ratsherr, als Fiscalis der Herrschaft von Ercsi (Graf Szapary) und Plenipotentiarius des Propstes zu Stuhlweißenburg. Der Stadtrichter von Preßburg — Michael Gombos — war gleichzeitig Fiscalis der Herrschaft von Csallóköz (Graf Illeshazy). In Agram standen zwei Ratsherren in Anstellung der Herrschaft (Erdödy, Draskovics) 25 26). Es ist zu erwähnen, daß die höchste Ambition der führenden Bürger die Erreichung des Adelsranges war. Jede von den in Stuhlweißenburg die Führung in der Hand haltenden sechs Familien kommt in den Adelscon- scriptionen des Komitates Fejér vor28). Diese adelige Ambitionen hegende Gesellschaftsschicht — die Patri­zier — hatte die Führung der königlichen Freistädte in der Hand. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts ist in den meisten Freistädten zu beobach­ten, daß einige Familien durch Jahrzehnte die Stadtverwaltung leiten. Die Patrizier kamen aus den Reihen der begüterten Handwerker, Fernhandels­leute, Grundbesitzer oder der höheren Stadtbeamten (Stadtnotar, Fiscalis, Arzt usw.). In Stuhlweißenburg spielten die Familien Hiemer, Kolosváry, Kreskay, Korher, Iblaker, in Bartfeld die Bereczkys, Wagners, Horváths, eine führende Rolle in der Stadtverwaltung. Nach dem Bericht der Frei­stadt Pukantz war jedes Mitglied des Magistrates Patrizius (1757 und 1771). Diese in der Verwaltung meistens unkundigen Patrizier hatten nur ein Ziel vor sich: ihre eigenen Familieninteressen zur Geltung zu bringen. Es lag in ihrem Interesse, die korrupte, unfachliche Stadtver­waltung weiterhin zu erhalten; deswegen bedeuteten sie das größte Hin­dernis der Stadtpolitik des Wiener Hofes. Es mußte daher ihre führende Rolle eingeschränkt werden 27). Die Stadtbürger beklagten sich wieder und wieder über diese Patri­zier. Wir können einen ähnlichen Verlauf beobachten, wie bei den Bauern: die Bürger verfaßten Briefe an die Herrscherin, in denen sie sich über die Stadtverwaltung, Mißbräuche der Ratsherren, hauptsächlich in Finanz­25) Ebendort Fasz. 26. Rote Nr. 505. 30. Aug. 1763. fol. 14—15. Ebendort Fasz. 26. Rote Nr. 514. Subd. 1. 95/26. Nov. 1771. fol. 1 f. Der Bericht wurde von der Ungarischen Hofkammer auf Grund der von den Städten verfaßten Verzeichnisse zusammengestellt. 2«) Archiv des Komitates Pejer. Acta Familiarum Nobilium. Es handelt sich um die folgenden Familien: Hiemer, Kolosvary, Kreskay, Vincenti, Iblaker, Korher. Diese Ambition der Ratsherren erwähnt: Oszetzky Dénes: A hazai polgárság társadalmi problémái a rendiség bomlásakor (Budapest, 1935) S. 61. 2<’) HKA Civitatensia Fasz. 6. 1. Jan. 1757. Wien. Camerale Ungarn Fasz. 26. Rote Nr. 517. Subd. 3. 138/1774. Jan. fol. 461. Ebendort Fasz. 26. Rote Nr. 517. Subd. 3. 138/1774. Jan. fol. 745. Fasz. 26. Rote Nr. 527. Subd. 4. 108/1776. Jan. fol. 88.

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