Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
WAGNER, Georg: Der Wiener Hof, Ludwig XIV. und die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65
104 Georg Wagner und den ihn umgebenden Adel zu zerstreuen“. Er blieb im Schloß [Csaka- thurn] allein zurück, besann sich aber nach geraumer Zeit, ließ seine Pferde vor die Karosse spannen und begab sich auf „die Waldwege, um wenigstens den Lärm der Jäger zu vernehmen“. „Er befand sich kaum eine halbe Stunde im Wald, als er rufen hörte, daß das Raubtier [Eber] in der Nähe sei. Aber er — so als scheine es unmöglich, seinem Schicksal zu entfliehen, sprang von der Karosse herab, nahm einen Karabiner und drang ungefähr zweihundert Schritte in das Unterholz ein. Seine Diener, die bei der Karosse zurückgeblieben waren, rannten, nachdem sie kurze Zeit später einen Schuß fallen gehört hatten, auf das Feld. Jedoch sie fanden ihren Herrn ausgestreckt am Boden und reglos. Sie drehten ihn nach allen Seiten, um zu sehen, ob und wo er verwundet sei. Sie fanden keine Wunde, außer, daß er an der linken Schläfe zerquetscht (froissé) war. Sie trugen ihn zurück in seine Karosse und führten ihn wieder ins Schloß, ohne daß er danach noch irgendein Lebenszeichen gegeben hätte“ 35). Dieser Bericht, der wohl der Wahrheit am nächsten kommt, da Niclas Bethlen selber anwesend war, der überdies, wenn auch mit etwas drastischerer Schilderung des Eberangriffs (was wohl später rekonstruiert wurde, weil ja niemand dabei war) von Mauritio Nitri und den meisten deutschen Flugschriften jener Zeit — die das Ereignis noch etwas ausschmückten — gedeckt wird, zeigt, daß nicht — wie später gerüchtweise behauptet wurde — der Kaiserhof mit dem Tod Niclas Zrinyis etwas zu tun hatte. „Es hat etwas Unglaubhaftes an sich“ — meint Nitri — „wie lebendig von ganz Europa der Verlust jener Persönlichkeit empfunden wurde, gleich- * & 35) Ebenda I, 299 f.: A peine y avoit-il une demie heure qu’il étoit dans la Fórét, qu’il entendit crier que la béte n’étoit pas loin: mais comme il semble qu’il soit impossible de fuir ä sa destination, il sauta de son carosse en bas, & prenant une carabine, il s’enfon^a dans le bois environ deux cent pas. Ses Domestiques qui étoient restez autour du carosse, ayant entendu tirer un coup peu de temps aprés, y coururent sur le champ, mais ils trouverent leur Maitre étendu par terre & sans mouvement; ils le toumerent de tous les sens pour voir s’il étoit blessé en quelqu’endroit & ne lui trouverent aucune blessure, mais seulement qu’il étoit froissé ä la tempe gauche; ils le raporterent dans son carosse, & le ramenerent au Chateau, sans qu’il donna depuis aucun sentiment de vie“. Nitri, 210, erzählt: „Ecco all’improviso verso la sera si vidde ä dosso senza poterio scansare, e senza haver tempo d’adoprar l’armi, un grosso Cingiale, ehe ferito dalle sue genti, e függendő tutto arrabbiato, lo percosse con la ferocita del dente in un gioncchio, e fattolo cadere ä terra (cosa di meraviglia contro la naturalezza di tali animali, che é il ferire, e seguitare il camino) se gli voltasse verso la testa, e con un coipo nelle fauci lo ridusse ä tal segno, che di lä ä poco nelle braccia d’un suo paggio rese l’anima al Creatore. Ähnlich der Bericht in der anonymen Flugschrift: „Schauplatz Serinischer auch anderer Teutschen Tapfern Helden-Thaten ..., 1664; o. O., 4», 28 nn. Bl.