Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)

KÁLLAY, István: Zur Verwaltungsgeschichte der freien königlichen ungarischen Städte im 17. und 18. Jahrhundert

198 István Kállay geworden war. Außer den heimischen Gesetzen spielte die Praxis Criminalis die wichtigste Rolle in der Stadtgerichtsbarkeit 80). Ähnlich den glaubwür­digen Orten (Loca credibilia) 86 87) spielten die ungarischen königlichen Frei­städte auch die Rolle des öffentlichen Notars. Die Städte waren berechtigt, öffentliche Urkunden (instrumenta publica) auszufertigen, die die Güter der Stadtbürger, der in der Stadt wohnenden adeligen und nicht adeligen Personen betrafen88). Die Stadt verrichtete die Intabulation der Schulden im Grundbuch, das meistens von einem der Kanzlisten geführt wurde. Jeder­mann konnte vor dem Stadtmagistrat eine die Bürgergüter betreffende Fassio perennalis89) machen. Die Fassiones konnten entweder Mobilien oder Immobilien betreffen, die sich auf dem Stadtgebiet befanden. Die Fas­sio selbst fand vor dem Richter oder zwei Räten (Geschworenen) oder vor dem ganzen Magistrat statt. In einigen Städten waren die Formen der Fassiones durch Statuten geregelt. Eine Fassio, die auf dem Stadtgebiet liegende Güter betraf, und vor einem Kapitel, Konvent oder vor einem anderen glaubwürdigen Ort stattfand, war ungültig, weil sie nicht vor dem Stadtmagistrat erklärt wurde. Desgleichen war eine Fassio ungültig, wenn sie zwar vor dem Stadtmagistrat geschah, doch in einer anderen Stadt befindliche Güter betraf90). Die Urkunde über die Fassio mußte von dem ganzen Magistrat und im Namen des ganzen Magistrats ausgefertigt werden. Adelige Personen, die außerhalb der Stadt (auf dem Gebiete des Komi- tates) einen Grundbesitz hatten, konnten entweder vor dem Stadtmagistrat oder vor einem glaubwürdigen Orte ihr Testament machen. In dieser Hin­sicht wurden die Städte ausdrücklich als glaubwürdige Orte betrachtet. Adelige Personen, die in der Stadt Besitz hatten, konnten über diesen nach den Gewohnheiten der Stadt testieren. Das Testament konnte entweder vor dem ganzen Magistrat, vor dem Richter oder vor dem Stadtnotar und zwei Bürgern gemacht werden. Das Testament wurde von denselben unterzeich­net 91). Die Durchführung der Testamente geschah durch den vom Magistrat delegierten Rat und ein Mitglied der Electa Communitas. Sie führten den 86) Im Stadtarchiv von Stuhlweißenburg war ein Exemplar der Niederöster- reichisohen Landgerichtsordnung vom Jahre 1657 aufbewahrt. „Der Römischen Kayserlichen auch zu Hungarn und Böhaimb etc. Königlichen Majestät Ferdi- nandi der Dritten etc. Erzherzogen zu Österreich; Unsers allergnädigsten Hern Newe peinliche Landgerichtsordnung in Österreich unter der Enns 1657.“ Er­wähnt Juhász, S. 218. 87) Näheres siehe Franz Eckhart, Die glaubwürdigen Orte Ungarns im Mit­telalter. MIÖG. IX; Ergbd. 1915. S. 395—558. 88) Huszty, S. 250. 8°) „Emtio und Venditio Jurium possessionariorum titulo perennali solenniter facta vocatur fassio perennalis.“ Kövy, S. 395. °°) Kubinyi, S. 113. Huszty, S. 78. Jászai, S. 44. 91) Kubinyi, S. 115. Huszty, S. 152.

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