Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)

BENEDIKT, Heinrich: Mit dem Ban vom 2. Dezember 1848 bis 2. Jänner 1849. Die Aufzeichnungen des Hermann Dahlen Freiherrn von Orlaburg

410 Heinrich Benedikt ein Granzer Äpfel mit Nüssen, dort ein Husar Kletzenbrod, hier kaute ein Kürassier schnell auf und abgehend an einem Mohnbeugel und dort schleckte gemühtlich ruhig ein Infanterist an einem Einsiedeglas, während neben ihm ein Artillerist sich frischen Honig auf Brod strich. Dies wäre unter Gustav Adolfs Regimen wohl auch nicht gegangen. Die mit einem verzweifelt süß-sauren Gesicht herumschießende Wirtschafterin bot Stoff zur Unterhaltung. Auf einmal hieß es wir blieben hier. Das Hpt. Qrt. kam ins Haus des Bruders unseres gastfreundlichen bleichen Abtes. Als wir hinkamen fanden wir einen großen, sauber gedeckten Tisch, der aber zum Schrecken der Hpt. Quartierler bereits von Offizieren aller Truppen-Gat- tungen besetzt war. Ein recht liebliches, naives, artiges Mädchen, die Tochter des Hauses machte den maggior domo und war unermüdlich. End­lich wurde auch für uns nach und nach Platz. Wir setzten uns nieder und machten wieder andern Platz. So mögen über 100 Offiziere in diesem Hause bis Abends gespeist worden sein, während der reizende maggior domo immer frisch auftragen ließ. Eine roth - grün - weiße Kokarde saß koquett in den braunen Flechten und als sie gefragt wurde, ob sie denn auch eine Rebellin sei, gestand sie ganz aufrichtig, sie hätte lieber gehabt ihre Landsleute hätten uns nicht so weit kommen lassen, da wir indessen da wären, so werde sie ihr Möglichstes thun, uns den Aufenthalt in ihres Vaters Hause erträglich zu machen. Nun wurde das arme Mädchen von Proselitenmachern fort und fort belagert, der eine wollte durch Politik, der andre durch schlechte Witze, ein dritter durch Höhnen der Ungarn sie Schwarzgelb stimmen, doch sie hielt fest an ihrer Meinung und wies alle (eben nicht taktischen) Angriffe verständig zurück. Ich war unter den wüthenden schwarzgelben Stürmern nicht und hätte sie gern mit dem schwarzgelben und gleichzeitig rothgrünweißen Panier sanft vor­rückend zur Kapitulation genöthigt. Doch es war keine Gelegenheit meine Talente zu erproben. Als Bonne war in diesem ganz anständigen Hause eine Römerin, deren Herz ganz mit Deutschenhaß und nebstbei Honved- liebe gefüllt schien. Gf. St. Q. quälte sie auf eine teuflische Weise, wäh­rend Puksits dann und wann auf einem Klavier das Gott erhalte anstimmte. So wurde es Nacht. Und mit meinem guten Freund S. werde ich auf einem Strohlager die Nacht zubringen. Morgen um 3 Uhr früh wird aufge- brochen und es kömmt gewiß zur Schlacht. H. Q. Raab den 27. Also auch schon in dem blutig zu erringenden Raab. Heute morgens um drei Uhr, nachdem uns unsre freundlichen feindlichen Wirthinnen eine gute Wein und Einbrennsuppe kredenzt hatten, bestiegen wir unsere Thiere. Der Boden war glatt gefroren wie Glas, der Weg, den wir ritten, mit tiefen breiten Gräben eingefaßt und 3/4 seiner Breite mit Truppen bedeckt. Die Finsternis war derart, daß man die Ohren des eigenen Pfer­des nicht sehen konnte. Hiezu noch das unbehagliche Gefühl der Kälte.

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