Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
SILAGI, Denis: Aktenstücke zur Geschichte des Ignaz von Martinovics
Aktenstücke zur Geschichte des Ignaz von Martinovics 255 5. Martinovics an Gotthardi HHStA., Kaiser Franz-Akten, Fasz. 14 7, fol. 508 f. Abschrift Gotthardi s. Martinovics nimmt in diesem Bericht auf folgende Personen Bezug: Franz Graf Balassa, illyrischer Hofkanzler; Joseph von Izdenczy, das erste madjarische Mitglied des Staatsrates; Karl Graf Palffy, ungarischer Hofkanzler; Karl Graf Zichy, ungarischer Landesrichter; „Primas“ : Joseph Graf Batthyány, Erzbischof von Gran; „Hofrath und Kabinets-Sekretär“: Baron Johann Baptist von Schloißnigg; Max Vrhovac, römisch-katholischer Bischof von Agram; Kajetan Graf Sauer, Titularbischof von Arbe, Erzpropst von Großwardein; Herendics und Kehler; vermutlich Agenten der Wiener geheimen Polizei; Baron Vinzenz von Barco, General der Kavallerie, militärischer Oberkommandierender in Ungarn, der den Hofkriegsrat mit vertraulichen Nachrichten aus dem Königreich versah; Franz Xaver von Aigner, Hauptmann a. D., gründete und leitete loyale Ofen-Pester Freimaurerlogen im Auftrag bzw. unter dem Schutz der Kaiser Leopold II. und Franz II. Kopie! Pest den 28tn April 1793. Freund! Nun bin ich seit etlichen Tägen wieder in Pest, wo ich mich genau um alles erkundigte, was zu dem Endzwek meiner Heise nöthig war. Hier herrscht eine scheinbare Ruhe, welche heimliche Komplote deken muß. Ich habe mir alle mögliche Mühe gegeben in das Innerste der Gesinnungen welche hier in Betref des Hofes genähret werden zu dringen. Man will hier die Lage des Hofes, besser als man sie in Wien zu kennen vermag wissen, alle sagen hier einstimmig, daß das Kabinet samt den Monarchen, das Schiksal der Ungarn dem Balassa übertragen hat, dieser und der Staatsrath Iszdenczy hatten sich sehr schwach gegen mehrere Ungarn betragen, indem sie ohne Zurükhaltung behaupteten, daß nach Herstellung des Friedens ganz Ungarn wieder auf den Josephinischen Fuß gebracht wird. Sie zogen los über den Palfy, Zichy, Primas, und alle Bischöfe in Ungarn. Diese Behauptungen und Ausfälle über die Ungarische Nation, erhielten die höchste Wahrscheinlichkeit dadurch, daß man öfters den Hof rath und Kabinets-Sekretär mit dem Balassa umgehen, und jenen bei diesem vielmal speisen sah. Da nun die Magnaten, Bischöfe und Jesuiten, alle den Balassa hassen, und außerdem seine Thätigkeit nur zu sehr kennen, so werden von ihrer Seite alle heimliche Anstalten getroffen, daß wenn der Hof das geringste wider ihre Verfassung unternehmen wird, sie alsogleich sich von der Oesterreichischen Monarchie trennen werden. Schon machet man deßwegen einige Anstalten, man will nämlich bei der künftigen General Kongregation in Pest, auf die Zurükberufung der Ungarischen Trouppen antragen, wozu die bekannte Affaire mit den Wallachischen Regimentern und mit den Székiem Anlaß gab.