Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
KÁLLAY, István: Zur Verwaltungsgeschichte der freien königlichen ungarischen Städte im 17. und 18. Jahrhundert
Verwaltungsgeschichte der freien königl.-ungar. Städte im 17. und 18. Jhdt. 191 oft vor, daß die Electa Communitas die Gravamina der Bürgerschaft zusammenstellte und dem Magistrat oder dem in der Stadt sich aufhaltenden königlichen Kommissär übergeben hat. Manchmal wandte sich die Bürgerschaft direkt an die Ungarische Hofkanzlei51), die ihre Gravamina erörterte. Die Ratswahlen (Restauratio) fanden in den von den Privilegien vorgeschriebenen Zeitperioden (meistens zwei- oder dreijährig) statt. Die Stadt mußte auf das Mandatum des Kaisers warten, in dem die Restauration verordnet wurde. Die ohne Mandat des Kaisers gehaltene Wahl wurde nur selten bewilligt52). Zum Anfang der Wahl wurde dieses Mandatum in der Anwesenheit der Electa Communitas — die die wichtigste Rolle in der Wahl spielte — in heimischer Sprache vorgelesen. Der Richter wurde in den meisten Städten bei jeder Wahl erneuert; im Rat und vor allen in der Electa Communitas wurden nur die freien Stellen besetzt. Der Innere Rat bestellte den Richter, die neuen Räte und den „Vormund“ ; die Wahl selbst war Sache der Electa Communitas53). Zum Rat konnten nur schreibkundige Personen vorgeschlagen werden. 1753 wurden z. B. in Pest sämtliche Räte mit 100 Gulden bestraft, weil sie eine des Schreibens unkundige Person zum Rat empfohlen haben 54 55 56). Im Zusammenhang mit den Ratswahlen kamen sehr häufig Mißbräuche vor. Einige Räte, die größere Macht hatten, versuchten die Wahl zu beeinflussen, manchmal sogar sich selbst zum Richter wählen zu lassen. 1756 erheischten die beiden Ofener Stadtnotare das Recht, drei freie Ratsstellen zu besetzen65). Der Wahl wohnte immer ein königlicher Kommissar oder eine Kommission der Ungarischen Hofkammer bei. Diese Kommissäre durften die Bürgerschaft an der freien Wahl nur im Notfälle hindern66). Die Kommission der Hofkammer bedeutete eine wesentliche finanzielle Belastung für die Stadt, weil sie deren Kosten bestreiten mußte. Deswegen protestier51) Hofkammerarchiv. Ung. Camerale. Civitatensia Fasz. 3. 1756. 26. III. Beilage Nr. 10. 1755. 3. VII. 62) 1755 fand die Restauration des Rates in Dilin ohne Mandat des Kaisers statt. Nach der kaiserlichen Zuschrift wurde die Wahl in diesem Falle ausnahmsweise bewilligt; in der Zukunft soll aber die Stadt das Mandat abwarten. Hofkammerarchiv. Ung. Camerale. Civitatensia Fasz. 2. 1755. 4. VII. Das Mandat wurde durch die Ungarische Hofkammer weitergeleitet. 63) Stadtarchiv Stuhlweißenburg. Ratsprotokoll 1778. S. 9—10. 54) Hofkammerarchiv. Ung. Camerale. Civitatensia. Fase. 1. 1753. 31. XII. Es kam vor, daß zum Rat auch Rechtskundige gewählt oder die Rechtskenntnis als Bedingung aufgestellt wurde. 1763 bewarb sich József Gábor, Vizestuhlrichter des Komitates Komorn, als „rechtskundig“ um eine Stelle im Magistrat der Stadt Komorn. Hofkammerarchiv. Ung. Camerale. Fasz. 26. 15/1763. 4. I. Fol. 11. 55) Ebenda, Fasz. 3. 1756. 5. I. 56) Gesetzartikel 36 vom Jahre 1715.