Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

WOINOVICH, Maria: Philipp Freiherr von Krauß, Finanzminister im Jahr 1848

554 Maria Woinovich nen, und er beantragte selbst die Kürzung seiner Repräsentationszulage von 8000 Gulden jährlich auf die Hälfte 30). Die Wechselwirkung der politischen und der finanziellen Ereignisse stellte im Laufe der nächsten Monate den Finanzminister vor immer schwie­rigere Probleme. Als nach dem Sturz der Regierung Piliersdorf die Bil­dung eines neuen Ministeriums durch Erzherzog Johann — als Stellver­treter des Kaisers — dem Freiherrn von Doblhoff übertragen wurde* 81), war dieser nach einem Übereinkommen mit dem Sicherheitsausschuß ver­pflichtet, kein Mitglied des vorhergegangenen Ministeriums wieder aufzu­nehmen, mit Ausnahme des Ministers für Äußeres, Wessenberg 82 *). Nach der Darstellung Hyes lehnte Krauß selbst seinen definitiven Eintritt in ein neues Ministerium entschieden ab88). Doblhoff berichtete am 11. Juli an Erzherzog Johann über seine vergeblichen Werbungen für „das schwierige und undankbare Portefeuille“ des Finanzministers84). Die Lösung bestand schließlich darin, Baron Krauß als provisorischen Finanzminister in das neue Kabinett zu berufen und ihm den Großkauf­mann Andreas Freiherrn von Stifft als Unterstaatssekretär beizugeben85 *). Auch Stifft hatte angeblich das Ministerportefeuille abgelehnt36). Endlich fand am 22. Juli die Eröffnung des konstituierenden Reichs­tages statt. Von diesem Tag an mußte Krauß das leisten, wozu Kübeck nach seinen eigenen Worten die Kraft und die Geduld mangelten, „weil ich ins­besondere mit dem Andrange der Partheyen, mit dem Reichstage usw. nichts zu thun haben kann, ohne mich in kurzer Zeit aufzureiben“ 87). Als Frei­herr von Kübeck seiner Tochter Lina Derchich diese briefliche Mitteilung machte, steuerte das Staatsschiff schon in ruhigeren Gewässern. Hingegen konnte Freiherr von Krauß in der größten Krisenzeit des Staates nur im Einvernehmen mit dem Reichstag handeln. In seinem ersten großen Vor­trag vor dem Reichstag, am 5. August, gab Krauß eine anschauliche Dar­stellung der Finanzlage88). Er setzte die großen Schwierigkeiten der Finanzverwaltung seit Beginn des Verwaltungsjahres 1848 (ab 1. Novem­30) F. A. 3494/F. M./1848. 81) H. H. St. A., M. R. A. ad 1619/1848. 32) Ehnl, Das Ministerium Doblhoff und die Konstituierung des Reichstages, in dem Werk von Rudolf Kiszling „Die Revolution im Kaisertum Österreich 1848—1849“, Bd. 1, Wien, 1948, S. 159. 88) A. a. 0. S. 31. 34) H. H. St. A„ M. R. A. ad 1619/1848. 85) Ehnl, a. a. O., S. 159. 38) Hye, a. a. O., S. 31. 87) Friedrich Walter, Aus dem Nachlaß des Freiherrn Carl Friedrich Kübeck von Kübau. Tagebücher, Briefe, Aktenstücke (1841—1855). Graz-Köln 1960, Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte Österreichs, Bd. 45. II. Briefe Kübecks, S. 179: An seine Tochter Lina Derchich, Lechwitz, 10. De­zember 1848. 38) Verhandlungen des österreichischen Reichstages nach der stenographi­schen Aufnahme, Bd. 1, Wien (Stdr.), S. 372 ff.

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