Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
BLAAS, Richard: Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 1814 und 1815
40 Richard Blaas und Modena rechtmäßig angesprochenen Literaturschätze ausgeliefert werden sollten. Diese Stipulation ist auch bereits vollzogen worden. Ohne daß ein einziger fremder Soldat die Schwelle des Bibliotheks-Gebäudes übertreten hätte, oder nur ein Blatt von dem, Frankreich ursprünglich gehörigen Eigenthum in Verlust geraten wäre, haben die Commissaire der obgenannten Höfe die von ihnen reklamirten Manuskripte, Bücher, Cameen, Münzen und anderen Seltenheiten zurückerhalten oder sich gütlich über einen Austausch oder Ersatz derselben verglichen, nachdem ihre Empfangscheine von mir bestätigt worden. So ist das berühmte Manuskript des Mediceischen Virgils aus dem 5. Jh. durch meine Vermittlung an die Toskanischen Bevollmächtigten, so sind die zahlreichen Manuskripte und Kameen und Medaillen des Vaticans und der Universität von Bologna an die päpstlichen Commissaire übergeben worden sz). Ja es hat mir gelungen, die Manuscripte der Palatinischen Bibliothek, welche schon im 30jähri- gen Kriege weggenommen, in der Folge nach Rom und von da nach Paris geschleppt worden, endlich der Heidelberger Universität wieder zurückstellen zu machen, welche eigens den Professor Wilken deßwegen hieher gesandt hatte 88). Von Modena waren weder Verzeichnisse noch Commissaire hier eingelangt; dennoch fanden die Deputierten Seiner k. Hoheit des Herzogs Franz bei ihrer vor wenigen Tagen erfolgten Ankunft Alles zur Übernahme vorbereitet. Ich schätze mich glücklich zur schleunigen und günstigen Beendigung dieses für alle Völker Italiens erfreulichen Geschäftes nach Möglichkeit beigewirket und zugleich, durch das unsererseits dabei eingehaltene, gegen das Benehmen anderer Alliirter scharf contrastirende Betragen, dem Allerhöchsten Hofe den Dank der französischen Autoritäten und Gelehrten, für die ihren literarischen Anstalten zutheil gewordene Schonung und Rücksicht, erworben zu haben“ «»). Damit hatte die Tätigkeit der Kommission ihr Ziel erreicht und sie wurde Ende Oktober 1815 aufgelöst. Ottenfels schickte den Registrator Winterheld und den Registratursadjunkten Champagne unmittelbar nach Wien zurück, damit sie beim Auspacken der Kisten und der Verteilung und Neu auf Stellung zugegen sein konnten* 89 90). Er selbst stellte noch den nach Italien abgehenden aus 38 großen Lastwagen bestehenden Konvoi mit den italienischen Kunst- und Literaturschätzen zusammen, mit dem er Anfang November 1815 Paris verließ. In Lyon wurden noch die im Vorjahr beschlagnahmten Archivalien von Parma ausgelöst und dem Transport angehängt, dann eilte er dem gewaltigen Wagenzug voraus nach Mailand, um dort alles für die Verteilung der Restitutionsgüter vorzubereiten. Im Laufe des Dezember 1815 und Januar 1816 langten auch in Wien die 8?) Ottenfels erhielt als Anerkennung für seine Verdienste bei der Rückführung vom Papst den Christus-Orden und vom Großherzog von Toskana das Ritterkreuz des St. Josephus-Ordens (St.K. Varia, K. 75). 88) Es handelt sich hiebei natürlich nur um jene Teile der Palatina, die nach dem Frieden von Tolentino (1797) nach Paris gebracht worden waren. 89) St.K. Frankreich-Varia, K. 75. — Bericht Ottenfels an Hudelist vom 23. 10. 15. 90) Reichsarchiv, reichshofrätliche Hofkommission, Fasz. 40. — Schreiben Ottenfels an Graf öttingen vom 30. 10. 15.