Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

WALDSTEIN-WARTENBERG, Berthold: Das Privileg König Philipps für die Herren von Arco

458 Berthold Waldstein-Wartenberg Auch der unkanzleimäßige Stil des zweiten Teiles der Urkunde findet eine Erklärung, wenn man die Situation am königlichen Hof im Zeitpunkt der Ausstellung der Urkunde in Betracht zieht. Als Reichskanzler fungierte in dieser Zeit Konrad von Forchtenhausen, der Bischof von Regensburg war56). Ihm unterstanden einige Notare und Urkundenschreiber, deren Aufgabenkreis streng von einander geschieden war. Der erste Notar ist Markward, der Stadtpfarrer von Üblingen war und der die Korrespondenz mit Rom führte und die wichtigsten Urkunden herstellte. Ihn unterstützte der Notar Helfrich, der auch Urkunden von geringerer Bedeutung selb­ständig verfaßte. Hingegen war es Aufgabe des dritten Notars Ulrich, die verfassungsrechtlich wichtigen Urkunden, vor allem aber die Privilegien für die Cisterzienser zu schreiben. Außerdem gab es noch ein bis zwei ständige Schreiber, die ebenfalls für Urkunden geringeren Wertes heran­gezogen wurden. Wenn dieser Kanzleistab den Erfordernissen nicht nach- kommen konnte, so wurden noch die Hofkapläne mit Schreibarbeiten be­traut57), oder auch die Boten der Empfänger für die Abfassung der von ihnen gewünschten Urkunden herangezogen58). Am 6. Feber nun, am Tage, an dem Brixianus von Tosculano die Aus­fertigung des Privilegs für seinen Herrn erhielt, wurden mehrere Ur­kunden hergestellt 59). An diesem Tag wurde die Gesandtschaft an den Papst abgesandt und ihnen ein Bevollmächtigungsschreiben mitgegeben, das der Notar Markward schrieb60). Am gleichen Tag wurden auch noch zwei weitere Urkunden, und zwar eine für das Hospital in Hagenau und eine für das Cisterzienserkloster Halem, verfaßt, als deren Diktator der Schreiber Ulrich, Domherr von Ulm, nachgewiesen werden konnte61). Letztere Ur­kunde wurde von einem Mönch des Klosters Salem geschrieben, der sich auch sonst als Schreiber in der Königskanzlei nachweisen läßt, wenn es sich um Privilegien für sein Kloster handelte62). Man scheint daher damals nicht über genügend Kanzleibeamte verfügt zu haben, weshalb man die schreibkundigen Boten der Empfänger aufforderte, selbst die Urkunden nach den von ihnen mitgebrachten und vorgelegten Vorurkunden nieder­zuschreiben. Es ist daher ohne weiters denkbar, daß Brixianus von Toscu­lano oder ein ihn begleitender Notar den Text des Privileges für die Herren von Arco verfaßte und niederschrieb, der dann durch des Königs Siegel bekräftigt wurde. Auf diese Weise konnten durch italienische Notare, 56) A. J. Walter: Die deutsche Reichskanzlei während des Endkampfes zwi­schen Staufen und Welfen, S. 46. 57) Ebenda S. 49. 58) Ebenda S. 186. 50) Die Datierung des fehlerhaft überlieferten Diplomes konnte auf Grund der Übereinstimmung mit den Zeugen in Böhmer-Ficker Nr. 177 erfolgen. 60) Böhmer-Ficker 179; Walter a. a. 0., S. 98. 61) Böhmer-Ficker 176, 177; Walter S. 163. 62) Walter a. a. O., S. 186 f.

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