Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
RILL, Gerhard: Die Staatsräson der Kurie im Urteil eines Neustoizisten (1706)
Die Staatsräson der Kurie im Urteil eines Neustoizisten (1706) 325 mortificación con que vivía de no llegar a ser princesa. Serán muchos los disgustos que padecerán todos los de su casa por ver las armas de V. Mgd tan adelantadas en Italia, y por que esperava su recompensa por la parte de Nápoles, que podía darle en propriedad el principado, y el no haverselo ya conferido la Francia, se supone que es por no querer el papa que se ponga su hermano en tanta grandeza . . . Bei aller Kritik, die von Zeitgenossen und von späteren Beurteilern an der Person und der Umgebung Clemens’ XI. geübt wurde, hat man doch kaum ernstlich daran gezweifelt, daß dieser Papst nicht nur vor seiner Erhebung den Nepotismus bekämpft, sondern diese Richtung im Prinzip auch während seines Pontifikates beibehalten hatte. Als sein Bruder Orazio starb, hieß es sogar, finanzielle Sorgen hätten diesem Leben vorzeitig ein Ende bereitet33). Hegte Lamberg also eine persönliche Aversion gegen das Haus Albani? Abgesehen von Reibereien mit dem frankreichfreundlichen Annibale (Sohn Orazios) und einer peinlichen Szene mit Orazio liegen dafür keinerlei Anzeichen vor34). Maria Bernardina, über die Lamberg in Briefen und Tagebüchern kaum ein Wort verliert, ist von anderen Zeitgenossen ähnlich eingeschätzt worden 35); des Scheiterhaufens wert hat sie allerdings nicht einmal der sonst so aggresive Granery befunden. Die Abneigung Lambergs gegen die Familie Albani und besonders gegen des Papstes Schwägerin geht auf jene Zeit zurück, in der das Entgegenkommen Clemens’ XI. gegenüber den Gallo-Spaniern seinen Argwohn erregt hatte. Daß Janson dem Papst tatsächlich Angebote für die Nepoten machte, ist kaum zu bezweifeln36). Lamberg glaubte aber noch mehr zu wissen. Im März 1702 notiert er in sein Tagebuch37), Philipp von Anjou und Janson hätten Orazio und dessen Familie die Würde eines Granden sowie Titel und Lehen eines Principe di Stigliano angetragen; zwei Monate später: der Papst beginne sich nach anfänglicher Weigerung für die Angebote zu interessieren, — Hofbedienstete wollten die entscheidende Unterredung mit Janson an der Tür erlauscht haben, — der Kaiser möge nun ebenfalls 33) Morandi, Relazioni 232. — Andere in diesem Sinne berichtende Quellen verwertet P a s t o r 15, 11 f. 34) Verhältnis zu Annibale: Tagebuch 2, 21 f.; Lamberg an Liechtenstein am 21. Juli 1703 im Archiv Liechtenstein Vaduz. — Der jüngere Bruder Annibales, Carlo, sympathisierte hingegen mit Lamberg: Tagebuch 2, 1279; Lamberg an Leopold I. am 11. November 1702 und an Liechtenstein am 21. Juli 1703 im Archiv Liechtenstein Vaduz. — Die Szene mit Orazio (am 6. Oktober 1704): Tagebuch 3, 691 f. 35) M. de L a f i t a u, La vie de Clement XI (Padua 1752) 1, 55 ff.; Petruc- celli della Gattin a, Histoire des conclaves 3, 446 und 449 (nach Berichten Granerys); Morandi, Relazioni 233 (Tiepolo). 38) B uder 1. c. 1, 510: Janson trägt Orazio Albani Fondi an, Clemens XI. weist das Angebot zurück, weil er erkennt, daß die französische Partei auf diese Art den Papst in Neapel festlegen will. Vgl. auch Morandi, Relazioni 197 (Morosini). 37) Tagebuch 2, 127.