Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

BENNA, Anna Hedwig: Ein römischer Königswahlplan Karls III. von Spanien (1708–1710)

14 Anna Hedwig Benna sehen Königswürde zu gelangen. Imhof erfuhr in Hannover, Preußen habe mit Schweden ein Bündnis geschlossen und versuche Hannover und Sachsen zum Beitritt zu bewegen 92 *). Diese preußischen und ähnliche sächsische Ab­sichten waren in Wien bekannt, sie hatten Sinzendorf anläßlich der Bera­tungen im Frühjahr 1709 in Wien über die völkerrechtliche Garantie der Erbfolgeordnung des pactum mutue successionis Gelegenheit geboten, dem Kaiser vorzustellen, wie notwendig es sei, auf ein Mittel zu sinnen, um die römische Krone dem Hause zu erhalten98). Eine erfreuliche Nachricht konnte Imhof seinem Herrn aus Wolfen­büttel bringen. Der alte Herzog erzählte ihm, die Seemächte hielten die Wahl Karls zum römischen König für ihren Interessen entsprechend und würden sie auch unterstützen94). Weniger optimistisch betrachtete der Reichsvizekanzler Schönborn in Wien den Stand der Dinge und Karls Aus­sichten angesichts der Haltung der Kurfürsten und der europäischen Mächte95). Er hielt die Einleitung einer Wahl zu diesem Zeitpunkt für außerordentlich schwierig und fügte hinzu, daß dies auch die Ansicht seines Onkels, des Kurfürsten Lothar Franz von Mainz sei. Die Sendung Imhofs nach Wien und nach Mainz und Hannover hatte für Karl wertvolle In­formationen über die Haltung der Kurfürsten und damit über seine eigenen Wahlaussichten erbracht. Außer Sachsen und Brandenburg, die wohl eigenes Interesse an der römischen Krone hatten, konnte er auf Hannover und Pfalz sicher zählen, von Mainz und Trier war zu hoffen, daß sie nicht ab­fielen, und Bayern und Köln waren infolge Reichsacht unfähig, ihr Wahl­recht auszuüben. Solange noch kein Friede geschlossen war, blieben sie von der Wahl ausgeschlossen, nach dem Friedensschluß würde man sich wohl mit ihnen verständigen müssen96 *). Die beiden Wittelsbachischen Brüder stellten ihrer französischen Verbindungen wegen für Karl eine ernste Bedrohung dar, ihre prekäre Lage 1709, auf dem Boden Frankreichs als Flüchtlinge lebend, bot eine einmalige Gelegenheit, wie Karls Sekretär Kellers ausführte, sie in ihrer Macht zu beschneiden und zu verhindern, daß sie selbst nach der römischen Krone strebten9?). Der Ausschluß vom passiven Wahlrecht auf Lebenszeit oder die Verpflichtung, Karl III. bei einer Wahl die Stimme zu geben, wurden als Maßnahmen, um die Wittels­bacher in Schranken zu halten, erwogen. Die Kaiserin Amalie hatte inzwischen in Wien beim Kaiser sondiert, 92) Karl III. an Sinzendorf, 1709 September 14, Familienkorrespondenz A Kart. 22. Karl III. an Wratislaw, 1710 Februar 11, Arneth, AfÖG 16, S. 106. Vgl. oben S. 2 Anm. 7. 98) Vgl. oben Anm. 85. 94) Karl III. an Sinzendorf, 1709 September 14, Familienkorrespondenz A Kart. 22. Karl III. an Wratislaw, 1710 Februar 11, Arneth, AfÖG 16, S. 106. 95) Schönborn an Karl III., 1709 Juni 10, Große Korrespondenz Fz. 72. 96) Sinzendorf an Karl III., 1709 Juli 27, Große Korrespondenz Fz. 74 b. 9?) Kellers an Sinzendorf, 1709 Oktober 23, Familienkorrespondenz A Kart. 22.

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