Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

BENNA, Anna Hedwig: Ein römischer Königswahlplan Karls III. von Spanien (1708–1710)

12 Anna Hedwig Benna sen. Wenn dies aber nicht der Fall sei, sollte Karl ins Reich gehen, da Spa­nien leichter als das Reich von einem unmündigen oder jungen König zu re­gieren sei77). Auch ohne den Hinweis auf Karl V. und seine Absicht, seinem Sohne Philipp auch die Reichskrone zu sichern 78) ist hier die Parallele mit Händen zu greifen. Allerdings ließ sich Karl III. dafür nicht gewinnen, sondern verfolgte den zweiten Teil seines Konzeptes, die Bildung einer Par­tei unter den Kurfürsten 79). Karl zog die Gewinnung von Kurfürsten, wenn nötig auch mit Geld, allen Verhandlungen in Wien vor80). DemEinwand von der Unvereinbarkeit der spanischen und der römischen Krone in der Person eines Trägers könne man mit dem Hinweis begegnen, es existierten dafür keine reichsgesetzlichen Normen81). Inzwischen hatten Sinzendorf und die Kaiserinnen bereits eingesehen, daß die von ihnen formulierten Bedingun­gen, die einen potentiellen Nachkommen des Kaisers vor Karl III. begünstig­ten, der Sache Spaniens nicht förderlich sein konnte82). Karl III. selbst be­trachtete Anfang 1709 den Zeitpunkt für eine Wahl für noch nicht ge­kommen, er hielt es für sinnvoller, den Abschluß des Friedens abzuwar­ten83), da nachher die Seemächte weniger dagegen opponieren würden. Um den Kaiser leichter zu gewinnen, fand sich Karl dann doch noch bereit, eine Versicherung abzugeben, er werde, falls der Kaiser nach seiner Wahl noch einen Sohn bekäme, zugunsten dieses seines Neffen auf die römische Krone verzichten84). Der entscheidende Schritt, den Kaiser zur Einleitung der Wahlverhandlungen zu veranlassen, stand zu diesem Zeitpunkt allerdings noch aus. Keiner der Eingeweihten wagte ihn, offenbar zweifelten sie alle am Erfolg. Die Beratungen über die Formulierung der Friedenspräliminarien im Frühjahr 1709 führten auch zu Diskussionen innerhalb des geheimen Rates über die Erwerbung Spaniens durch das Haus Habsburg. Man kam zu dem Entschluß, die Restitution Spaniens für das Gesamthaus, nicht nur für die spanische Linie zu fordern. Selbstverständlich wußte man, daß sich auch die eigenen Verbündeten einer Vergrößerung der Macht des Hauses Öster­reich widersetzen würden und auf eine Trennung Spaniens von den öster­reichischen Erbländern und dem Kaisertum hinarbeiteten. Es wäre daher 77) Sinzendorf an Karl III., 1708 Dezember 22, Große Korrespondenz Fz. 74 a. 78) K. Brandi, Kaiser Karl V. Werden und Schicksal einer Persönlichkeit und eines Weltreiches 1 (1941) S. 508, 2 (1941) S. 388 Anm. 508 und die dort angegebene Literatur. 79) Karl III. an Sinzendorf, 1708 Dezember 27, Familienkorrespondenz A Kart. 22. 8°) Karl III. an Sinzendorf, 1709 Februar 15, Familienkorrespondenz A Kart. 22. 81) Ebenda. 82) Sinzendorf an Karl III., 1709 Jänner 9, Große Korrespondenz Fz. 74 b. 83) Karl III. an Sinzendorf, 1709 Jänner 19, Familienkorrespondenz A Kart. 22. 84) Karl III. an Sinzendorf, 1709 Februar 16, Familienkorrespondenz A Kart. 22.

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