Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

BENNA, Anna Hedwig: Ein römischer Königswahlplan Karls III. von Spanien (1708–1710)

Ein römischer Königs wahlplan Karls III. von Spanien (1708-10). Von Anna Hedwig Benna (Wien). Man kann sich kaum einen krasseren Gegensatz vorstellen als die pessi­mistische Ansicht des böhmischen Kanzlers Johann Wenzel Graf von Wra- tislaw einige Wochen vor dem unerwarteten plötzlichen Tod Kaiser Josephs I. über die mutmaßlichen Aussichten des Hauses Habsburg bei der nächsten Kaiserwahl angesichts der feindseligen Haltung des Kurfürsten von Hannover gegenüber dem Hochstift Hildesheim, eine Tatsache, von der Wratislaw befürchtete, daß sie zum Umsturz der Reichsverfassung und zum Verlust der Kaiserkrone für das Erzhaus führen könnte1), und der ruhigen Sicherheit, mit der Karl III. von Spanien etwa ein halbes Jahr später seine Wahl zum römischen Kaiser erwartete 2). Der tatsächliche Ver­lauf der Wahl hat Karl VI. recht gegeben, seine Wahl zum Reichsober­haupt ging ohne besondere Schwierigkeiten vor sich. Von den Wählern fan­den sich mit Ausnahme der beiden geächteten Kurfürsten von Bayern und Köln3), die andere, egoistische Ziele verfolgten, alle bereit, ihre Stimme Karl III. zu geben. Auf seinen Onkel, den Kurfürsten Johann Philipp von der Pfalz, konnte Karl mit Sicherheit rechnen 4 *). Kurfürst Joseph Karl von Trier, ein Lothringer und Sohn der Erzherzogin Eleonore, ebenfalls ein naher Verwandter, zählte als Gegner Frankreichs zu den verläßlichen habs­burgischen Parteigängern *). Der Kurfürsterzkanzler Lothar Franz von Schönborn ließ sich leicht gewinnen6). Von Sachsen befürchtete man un­liebsame Überraschungen, da man in Wien seit einigen Jahren von Absich­1) Wratislaw an Sinzendorf, 1711 April 2, Große Korrespondenz Fz. 71 C. 2) J. Ziekursch, Die Kaiserwahl Kaiser Karls VI. (1711), Gesch. Studien hg. v. A. Tille 1/1 (1902), S. 12. 3) A. Rosenlehner, Die Stellung der Kurfürsten Max Emanuel von Bayern und Joseph Clemens von Köln zur Kaiserwahl Karls VI. (1711), S. 8 ff. 4) Ziekursch a. a. O., S. 24 ff. A. Siemsen, Kur-Brandenburgs Anteil an den kaiserlichen Wahlkapitulationen von 1689 bis 1742, Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit, hgg. v. K. Zeumer III/2, 1909, S. 32—35. s) Ziekursch a. a. O., S. 142. Siemsen a. a. 0., S. 35. 6) Ziekursch a. a. O., S. 24 ff. Siemsen a. a. O., S. 35. K. Wild, Lothar Franz von Schönborn, Bischof von Bamberg und Erzbischof von Mainz 1663—1729. Ein Beitrag zur Staats- und Wirtschaftsgeschichte des 18. Jahrhunderts, Heidel­berger Abh. zur mittleren und neueren Gesch. 8, 1904, S. 129, 130. H. Hantsch, Reichsvizekanzler Friedrich Karl Graf von Schönborn (1674—1746). Einige Ka­pitel zur Politischen Geschichte Kaiser Josefs I. und Karls VI. (1929), S. 154 f. Mitteilungen, Band 14 i

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