Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

GOLDINGER, Walter: Das ehemalige Adelsarchiv

500 Archivberichte Archivdirektors Schornböck Erleichterungen in der Benützung des Adels­archivs ein * 47 48). Größere Erfolge zu erzielen, verhinderte der Umstand, daß das Adels­referat des Ministeriums des Innern und damit auch das Adelsarchiv um diese Zeit in den Blickwinkel der Öffentlichkeit gerieten. Die Aufdeckung von Fälschungen in der böhmischen Landtafel und in Kirchenbüchern, durch die sich das Ministerium hatte irreführen lassen, schlug publizistisch Wellen47). Es kam zu Umbesetzungen im Adelsreferat, dessen Leiter von Less in den Ruhestand trat4**). Damit war auch die Neubestellung eines Wappenzensors notwendig, welches Amt er seit 1891 bekleidet hatte. Er war der Nachfolger des Ritters Viktor ven L u c k i gewesen, der über vier Jahrzehnte diese Aufgabe besorgt hatte49). Auch die Prozesse gegen ge­schäftstüchtige Unternehmer wie Günther und Herrmann, die sich den Umstand zunutze machten, daß in Österreich die Verleihung bürgerlicher Wappen seit 1820 eingestellt und die Berechtigung zur Führung solcher aus älterer Zeit von mancher Seite bestritten wurde, zogen das Adelsarchiv ganz gegen seinen Willen in die Öffentlichkeit50). Man suchte die Angele­genheit dann in der Weise zu bereinigen, daß man dem Kaiser die Wieder­aufnahme von Verleihungen bürgerlicher Wappen vorschlug. Wohl wurde ein Vortrag vorbereitet, der jedoch vom Minister nicht genehmigt wurde und daher auch nicht auf den Tisch des Monarchen kam 51). In all diesen Fragen zeigte sich ein junger Ministerialbeamter, Heinrich S e y d e 1, sehr rührig, der 1902 neben Schornböck zum Wappenzensor ernannt wurde52). Aus all diesen Gründen machte sich jetzt auch das 4Ö) AVA: Adelsgeneralia 29, 70—A/1902. 47) AVA: Justizmin. I A 14, Vz. 2. 4B) Emil Ritter von Leß, geh. Wien 9. II. 1846, trat 1869 bei der Statthalterei in Linz in den Staatsdienst, kam 1878 in das Ministerium des Innern, wo er seit 1886 das Adelsreferat innehatte. 1901 wurde er unter den angeführten Begleitumständen in den Ruhestand versetzt. AVA: Präs. d. Min. d. Innern 3834/1901, 9045/1901. 49) Geb. Lemberg 31. I. 1820, wurde 1851 in das Min. d. Innern einberufen. Infolge eines Gegensatzes zum Statthalter von Galizien wurde er 1866 pensio­niert, übte aber noch bis 1891 das Amt eines Wappenzensors aus. AVA: Präs, d. Min. d. Innern 5997/1866, 4508/1890, 5288/1890. 50) AVA: Justizmin. VI in genere, Vz. 17. Ein Betroffener, Hermann Her­mann, Inhaber eines Instituts für Genealogie und Heraldik, brachte den gegen ihn durchgeführten Prozeß in einer eigenen Schrift: Unschuldig verurteilt. Die Opfer der österreichisch-aristokratischen Beamtenwillkür und die Rechte des Bürgertums, 1906 vor die Öffentlichkeit. Oskar v. Mitis trat damals für die Schaf­fung eines Heroldsamtes ein (Adel und Urkundenkritik, Österr. Rundschau, November 1905, 31—35). Zur nämlichen Zeit erschien die Arbeit von Eduard Heydenreich, Heroldsämter und verwandte Behörden. Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitung 1906, Nr. 74, 75, 76. Wiederabgedruckt bei Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde, 1909, 407 ff. Vgl. auch Josef R. v. Bauer, Staatliche Adelsbücher?, Monatsbl. Adler 6, 1910, 487—492. 51) AVA: Adelsgeneralia 35, 1670—A/1908. 52) Geb. Ridka in Böhmen 14. VIII. 1868, seit 1902 im Min. d. Innern, 1925 als Sektionschef in den Ruhestand getreten, gest. 31. XII. 1932 in Wien.

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