Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

GOLDINGER, Walter: Das ehemalige Adelsarchiv

492 Archivberichte seine Sammlung dem Staat zu überlassen, falls ihm dieses Amt übertragen würde. Ähnliches versprach Beydaels, der gleichfalls ein Gesuch eingebracht hatte. Das Gutachten der Hofkanzlei riet von Schönfeld ab. Er sei seinen Eigenschaften nach nicht ein Mann, dem man den Zutritt zu der Registra­tur, der dem Wappenzensor offenstehen müsse, preisgeben könnte. Die Ent­scheidung über die Person fiel erst später. Weder Beydaels noch Schönfeld kamen dabei zum Zuge. Wohl aber verlangte der Kaiser einen Vortrag darüber, ob die Stelle eines Wappenzensors überhaupt erforderlich sei und wer die Prüfung der Stammbäume vorzunehmen habe. Es ist wahr­scheinlich, daß durch diese Entschließung die seit 1801 bzw. 1804 schlum­mernde Planung für ein Heroldsamt einen Auftrieb erfuhr, was zu den Verhandlungen und zur schließlichen Ablehnung von 1808 führte19). Jean Beydaels ist am 18. April 1811 in Wien, Stadt Nr. 82, Teinfalt­straße, gestorben. Knapp nach seinem Tode arbeitete der Direktor des geheimen Hausarchivs, Freiherr von Hormayr, ein neues Elaborat aus, das sich „Ideen über die Notwendigkeit eines Reichsherolden- und Wappen­amtes in Österreich“ betitelte 20). Es ist für die der Romantik zugewandten Anschauungen Hormayrs gegenüber der josefinisch bestimmten Meinung der Träger des Staatsapparates kennzeichnend, daß in dieser Denkschrift unterstrichen wird, wie sehr gerade Österreich ein Heroldsamt benötige. Hier habe sich der alte Adel gegenüber dem übrigen Europa noch in altem Glanze erhalten. Es gehe darum, eine Scheidewand zu den nouveaux riches und parvenues zu errichten. Nirgends sei auch die Unsitte der Adels­anmaßungen so verbreitet wie in Österreich. In diesem Zusammenhang gebraucht er auch das Wort von dem aus heterogenen Bestandteilen zu­sammengesetzten, eigentlich bloß zusammengeheirateten Staat21). Dies alles in einem Memorandum, das unter Umständen auch dem Kaiser vor­gelegt werden konnte. Eben diese Uneinheitlichkeit des deutschen, ungari­schen, italienischen und niederländischen Adels erfordere eine zentrale Regelung für den Gesamtstaat. Das neue Amt wäre daher der Staatskanzlei zu unterstellen. Der Wirkungskreis dieses Reichsherolden- und Wappen­amtes hätte sich darauf zu erstrecken, die Adelstitel zu untersuchen. Hiefür wären von den einzelnen Familien die betreffenden Unterlagen in angemes­sener Frist in Original oder Abschrift zu hinterlegen. Das Amt wäre auch bei der Herstellung neuer Wappen heranzuziehen, hätte also die Aufgabe der Wappenzensoren zu übernehmen gehabt. Auch eine Mitwirkung bei der Wahl von Adelsprädikaten wäre vorzusehen, um „barocke“ Formen, wie 19) AVA: Adelsgeneralia 36. 20) Haus-, Hof- u. Staatsarchiv (HHStA): Registratur d. HHStA 15/1811, datiert 27. 4. 1811. 21) Ohne nähere Quellenangabe zitiert bei Gerson Wolf, Geschichte der k. k. Archive in Wien, 1871, 53 f. Vgl. auch H. v. S r b i k, Metternich 1, 1925, 424; ders., Österreichs Schicksal im Spiegel des geflügelten Wortes. Aus Öster­reichs Vergangenheit, 1949, 250.

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