Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

310 Friedrich Roemheld hielt eine Anrede in italienischer Sprache, in der er seinen Zuhörern Wesen und Bedeutung eines europäischen Konsulates auseinandersetzte, um sie dann als seine Gäste einzuladen und zu bewirten. Gegen Abend erschien auch, begleitet von seinen obersten Beamten, der Pascha in höchsteigener Person auf dem Feste. Zwei Tage später gab Nikola U 1 i v i, ein in Khar­tum ansässiger Kaufmann, dem Konsul zu Ehren eine große „Fantasia11, wie die Orientalen „jede Art von Unterhaltung oder nicht religiöser Fest­lichkeit, ... ein Trinkgelage, eine Tanzunterhaltung1' nennen (Brehm I, 59). Nachdem dann Reitz das Haus des Kaufmanns Rollet erworben, verbessert und zum Konsulatsgebäude eingerichtet hatte, konnte er seine berufliche Tätigkeit beginnen. Die Stadt, in der sie sich abspielen sollte, war erst knapp drei Jahr­zehnte alt. Sie hatte sich entwickelt aus einem Lager, das Mehemed Alis Truppen 1822 am Zusammenfluß des Weißen und des Blauen Nils oder genauer etwas oberhalb desselben aufgeschlagen und um das sich die Ein­geborenen bald des Handels wegen angesiedelt hatten. Sehr zustatten kam ihrer Entwicklung die damals erfolgte Zerstörung von Schendi, dem alten, weiter flußabwärts gelegenen Markt für den östlichen Sudan, dessen Han­del nunmehr fast ganz auf Khartum überging. „Die Umgebung der Stadt11, schreibt Brehm28), „ist öde, sandig und unfruchtbar. Nur dicht am Fluß kommt man durch einige gut bebaute und fruchtbare Felder ... Die Stra­ßen waren während der trockenen Jahreszeit staubig und sandig, während der Regenzeit eine ununterbrochene Reihe von Pfützen und Kothaufen. Der in ihnen zu jeder Jahreszeit herrschende Gestank und ihre Hitze waren ganz unbeschreiblich. Nur wenige waren breit, die meisten krumm und unregelmäßig und zu kaum zu ergründenden Labyrinthen verstrickt. Von den einstöckigen, flach gedeckten Häusern hatten nur wenige Fenster. Von der Straße aus sah man bloß die Türen, alles übrige war hinter hohen Lehmmauern versteckt. Die Zimmer glichen eher Viehställen als mensch­lichen Wohnungen. Nur in der Nähe des Marktes sah man etwas bessere Häuser. Ungeziefer aller Art, Skorpione, Taranteln, Vipern, Eidechsen, Hornisse, Spinnen und andere schlimme Gäste11 bildeten eine Qual nament­lich für die europäischen Bewohner der Stadt. Khartum war der Wohnsitz des Gouverneurs (Mudirs) der Provinz gleichen Namens und des General­gouverneurs (Hakimdars) der Vereinigten Königreiche des Sudans, der dem Vizekönig unmittelbar unterstand. Der Generalgouverneur besaß das Recht über Leben und Tod sowie die Vollmacht, Krieg zu beginnen und Friede zu schließen. Alle übrigen Beamten des Sudans waren ihm unter­geordnet. Fast alle Befehlshaber der einzelnen Provinzen bis zu den Dorf­vorstehern hinab gehörten dem stehenden Heere an und bekleideten einen ihrer Stellung entsprechenden militärischen Rang. In Friedenszeiten be­ás) Auch von Müller gibt in den „Fliegenden Blättern“ (S. 79 ff.) eine ausführliche Beschi-eibung der Stadt, die noch mehr in die Einzelheiten geht als die von Brehm.

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