Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

306 Friedrich Roemheid sie brachten nicht die Hälfte der Geldsumme mit, die Brehm nach sorg­fältiger Berechnung für nötig gehalten hatte, um die Fahrt vorzubereiten und durchzuführen. Auch waren die Gerätschaften und Werkzeuge, die Müller von Europa zu senden versprochen hatte, nur zum kleinen Teil mit­gekommen, und die ganze Ausrüstung zeugte von einer Unordnung und Nachlässigkeit, die dem schwer enttäuschten Brehm trübe Aussichten für die Zukunft eröffneten. Er suchte Müller begreiflich zu machen, daß mit den vorhandenen Mitteln eine Forschungsreise nicht unternommen werden könne, und erhielt als Antwort einen Brief mit dem „bestimmt ausgespro­chenen Wunsche, ohne irgendwelchen Zeitverlust und ohne auf irgend etwas Weiteres von Europa zu warten“, die Reise einstweilen anzutreten. Müller selbst wollte dann nach einiger Zeit nachkommen. Um seinen guten Willen zu zeigen, entschloß sich Brehm nunmehr, wenigstens an den Mörissee und in das Fajúm, die fruchtbare, oasenartige Tiefebene südlich von Kairo, zu fahren und dort die Entwicklung der Dinge abzuwarten. Wirklich erhielt er dort auch am 12. Februar 1850 noch einiges Geld von Müller, mit dem sicheren Versprechen, er werde bis zum 1. Juli in Khartum eintreffen. Daraufhin wagten es die drei Reisenden und traten alsbald die Reise flußaufwärts an. Oskar Brehm freilich sollte das Ziel nicht erreichen: er ertrank am 8. Mai beim Baden im Nil in der Nähe von Dongola. Die beiden anderen Reisenden trafen am 13. Juni in Khartum ein. Alfred Brehm war nicht der einzige in Ägypten, der ungeduldig der Rückkehr des Barons harrte. Kaum minder gespannt sah man seiner An­kunft auf dem österreichischen Generalkonsulat in Alexandria entgegen. Von dort aus waren nämlich inzwischen wichtige Maßnahmen zur weiteren Festigung des österreichischen Ansehens in Ägypten getroffen worden, deren endgültige Verwirklichung man aber — etwas vorschnell — mit der Person des Barons von Müller in Verbindung gebracht hatte. Zweifellos war die österreichische Regierung gut beraten, als sie beschloß, am 1. Januar 1850 ein eigenes Konsulat in Khartum einzurichten, weniger gut, als sie glaubte, in dem Baron von Müller den geeigneten Mann für den neugeschaffenen Posten gefunden zu haben. Durch Allerhöchste Ent­schließung vom 14. Januar 1850 war ihm das Konsulat übertragen worden, und „als besoldeter, aber nicht in die Kategorie der wirklichen Staats­beamten gehöriger Kanzler“ (Kanzleivorsteher) sollte ihm Reitz beige­geben werden. Aber — der neu ernannte Konsul kam nicht, was um so unangenehmer war, als die Regierungen von Frankreich und England in­zwischen ebenfalls Vertretungen in Khartum eingerichtet hatten, so daß zu befürchten stand, „daß Österreich, obgleich es von allen Mächten zuerst auf die Konsularvertretung im Sudan vorgedacht hatte, hinter den anderen in der Geltendmachung seiner Interessen Zurückbleiben könnte.“ Aber auch Reitz sollte vorläufig noch nicht nach seiner neuen Wirkungs­stätte abreisen. Wahrscheinlich wollte oder sollte er die Zeit bis zur Rück-

Next

/
Oldalképek
Tartalom