Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

304 Friedrich Roemheld Alexandria zurück und lernten dort Reitz kennen, der damals gerade den abwesenden Generalkonsul vertrat. „Er war“, schreibt Brehm, „sogleich rege, uns aller Unannehmlichkeiten der Ankunft in einer fremden Stadt zu entheben, mietete für uns eine Privatwohnung, besorgte uns Fracht­wagen usw. und erwies sich uns als einen in jeder Hinsicht gefälligen Mann“ (I, 375). Müller kehrte am 11. Februar 1849 von Alexandria aus heim nach Deutschland, während Brehm in Ägypten zurückblieb, weil er nach Wunsch und auf Rechnung Müllers noch eine zweite Jagdreise unter­nehmen sollte. Diese beschränkte sich aber auf eine Durchquerung des Nildeltas, von der er schon am 2. Juli 1849 nach Alexandria zurückkam. Aber auch jetzt lenkte er seine Schritte noch nicht heimwärts, sondern wartete in Alexandria auf Müllers Rückkehr, um noch einmal mit ihm eine Reise ins Innere anzutreten. Während dieser Wartezeit war Brehm viel mit Reitz zusammen, und beide Männer scheinen gute Freundschaft gehalten zu haben. „So besuchten wir“, schreibt Brehm, „zusammen eine levantini- sche Familie, welche unseren Landsmann gern in ihren Kreis gezogen hätte. Nach Wunsch des Hausherrn sollte Dr. Reitz von zwei erwachsenen Töchtern eine heiraten, aber, wie es in Ägypten auch bei den levantinischen Christen üblich, dafür einen Mahlschatz von tausend Speziestalern ent­richten. Die Mädchen waren wunderbar schön und nach Meinung ihres Vaters mehr als tausend Speziestaler wert, doch will uns Europäern selbst in Ägypten die Sitte nicht gefallen, Frauen mit Geld zu kaufen, weshalb dieses Mal die Heirat unterblieb (II, 233)“. Ob das wohl der einzige oder auch nur der ausschlaggebende Grund war, der Reitz zum Verzicht auf ein so verlockendes Angebot bewog? Eine hübsche Geschichte, die sich auf einer Jagd zugetragen hat, er­zählt Brehm unterm 21. August 1849: „Der vormalige englische General­konsul Larkins stellte heute in den Sümpfen des Mareotissees eine große Sauhatz an. Ich wurde von unserm Freunde Reitz dazu eingeladen. Die Jagd war arm an Beute, denn wir erlegten nur drei Sauen, aber reich an spaßigen Auftritten. So rief mich Reitz zu sich, um mich auf einen dunklen Gegenstand im Rohre aufmerksam zu machen. Ehe ich noch zu ihm kam, feuerte er bereits darauf. Ich hörte, daß ein Tier aus dem Sumpfe hervor­brach und dem festen Lande zueilte. „Machen Sie sich fertig, es ist tödlich getroffen“, rief mir Reitz zu, „es muß ein mächtiger Eber sein“. Ich be­folgte die Aufforderung und erwartete mit gespannter Büchse in der Hand, daß das Tier eine lichtere Stelle passieren sollte. Jetzt kam es. Der Jagd­eifer regte sich mächtig in mir. Ich suchte es aufs Korn zu nehmen, da sah ich, daß es ein Büffelkalb war, welches heftig das eine Ohr hin- und her­schleuderte. Es kam mit blutendem Ohre vollends ans Land; unser Doktor hatte es durchs Gehör geschossen. Die Spötter wetzten ihre Zungen, aber Reitz lähmte sie. „Meine Herren“, sagte er scherzend, „wenn einer von Ihnen später einem Büffel begegnen sollte, welcher Ohrringe trägt, so denken Sie daran, daß ich ihm die Ohrlöcher dazu heute gestochen habe.“

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