Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

MISKOLCZY, Julius: Metternich und die ungarischen Stände

Metternich und die ungarischen Stände 253 Bürgerkrieg. Im Jahre 1842 griff er darauf hin mit starker Hand in die kroatischen Wirren ein. Der neue Banus Graf Haller war sein Vertrauens­mann. Diejenigen, die an den nationalen Auseinandersetzungen die Schuld trugen, mußten ihre Stellung aufgeben, und am Anfang des Jahres 1843 ließ er sogar den Namen illyrisch (gleichbedeutend mit südslawisch) durch den König verbieten. Das war der große Moment der Nationalitäten­geschichte im Vormärz. Wiederholen wir: Metternich wollte gegen keine Nationalität auftreten, solange sie auf kulturellem Gebiet stehen blieb, aber er duldete keine Verschiebung der staatsrechtlichen Lage, und genau so wenig duldete er die Störung der öffentlichen Buhe. Darum empfing er freundlich die mit kulturellem Anliegen kommende slowakische Deputation, und darum ließ er mit harter Hand die Regierungsorgane in Kroatien Ord­nung schaffen. Aber bald kam die Wendung. Es hatte sich herausgestellt, daß die Un­garn keinesfalls die Vorkämpfer der Ordnung waren, und es kam bald der Augenblick, in dem Metternich die Stellung der Regierung so charak­terisierte: sie soll bei der Waage stehen und sich in den Kampf der Natio­nalitäten nur einmischen, soweit es politisch von Nutzen sei, Zünglein zu sein. Auf diesem Gebiet bedeutete der Reichstag von 1843—1844 einen klaren Wendepunkt. Der Staatskanzler begann zu glauben, daß die kroati­schen Wirren einen rein kulturellen Grund hätten, daß der magyarische Sieg den Sieg der Opposition und die Abkehr der südslawischen Völker­schaften von der Monarchie bedeuten würde. Von dieser Zeit an mischte sich Metternich sehr wenig in den Natio­nalitätenkampf ein. Er ließ sich immer mehr überzeugen, — und in dieser Überzeugung stand ihm der Erzherzog-Palatin, ja selbst die konservative aristokratische Jugend bei, — daß die Unruhe, die die Donauvölker er­griffen hatte, in dem apolitischen Auftreten der Magyaren begründet sei. Sogar den Zeitpunkt glaubte er feststellen zu können, das Jahr 1825. Nach seiner Auffassung, gleichlautend mit der des Palatins, seien die Ungarn von dieser Zeit an, was den Gebrauch ihrer Sprache anlangt, unduldsam aufgetreten, und hätten dadurch die Anderssprachigen beunruhigt. Diese Verurteilung der magyarischen Bewegung begann in der zweiten Hälfte 1843, mit dem Recht der kroatischen Ablegaten, lateinisch zu reden. Wohl war Metternich, wie gesagt, dafür, die Ungarn sollen für ihre Sprache sämtliche Rechte freiwillig vom König bekommen, aber er wollte von dieser Zeit an von der Sprachfrage nur wenig wissen, und überließ dieses Gebiet seinem Rivalen, dem Innenminister Kolowrat. Dabei wurden noch wichtige Probleme verhandelt, wie die Sprache des Unterrichts, oder der Nieder­bruch der magyarischen Partei in Kroatien, ohne daß der Staatskanzler eine energische Rolle dabei gespielt hätte. Wie war also die Nationalitätenpolitik Metternichs? Es kann gesagt werden, daß diese Frage in seinen Augen bei weitem nicht die Wichtigkeit besaß, wie die öffentlich-rechtliche. Aus dem Jahre 1843 besitzen wir ein

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