Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
HEYDENDORFF, Walther Ernst: Vorderösterreich im Dreißigjährigen Kriege. Der Verlust der Vorlande am Rhein und die Versuche zu ihrer Rückgewinnung. 1617–1639
Vorderösterreich im Dreißigjährigen Kriege 131 kriegerischen Ereignisse innezuhalten und sich, soweit es die Quellen gestatten, mit den Schicksalen der hartgeprüften Bevölkerung dieser Landesteile zu befassen. Hiebei können, der Aufgabenstellung vorliegender Arbeit entsprechend, die Verhältnisse im Unterelsaß und in den mit Österreich locker verbundenen Reichsstädten nur am Rande erwähnt werden. Bei Überprüfung der Zustände zeigt sich vor allem, daß die Verbundenheit der vorderösterreichischen Bevölkerung im oberen Elsaß, im Breisgau, im südlichen Schwarzwald und in Schwaben mit dem Hause Österreich ebensowenig zu bestreiten ist als in späteren Zeiten120 * 122), wenn sich auch die Opferwilligkeit in den Nöten des Krieges, wie es in der Natur des Menschen liegt, zeitweise abstufte und gelegentlich mehr oder weniger schwand. Die Städte hatten im Großen Kriege, soweit sie nicht Brennpunkte des Kriegsgeschehens waren, weit weniger zu leiden als das schutzlose flache Land. Häufiger Wechsel des Kriegsglückes brachte Besatzungen von beiden Seiten und man suchte, möglichst ungeschoren davonzukommen. Die Zahlung der üblichen Brandschatzungen war schmerzlich, aber dem Ruin vorzuziehen. So manche Stadt war eine Nutznießerin der allgemeinen Not: auf ihren Märkten verschleuderte der Soldat seine Beute und wendige Politik eröffnete die Aussicht auf Vergrößerung des Stadtgebietes. Auf die Rolle der Reichsstädte Straßburg und Colmar, der neutralen Orte Basel und Mühlhausen, soll hier nicht eingegangen werden; die vorderösterreichischen Städte von Beifort bis Konstanz kann man jedenfalls nicht in diese Kategorie einreihen. Soweit sie befestigt waren, hatten sie, zuweilen mehrmals, Belagerungen zu bestehen und die Beteiligung wehrhafter Bürger an der Verteidigung ihrer Stadt war keine Seltenheit. Die Bürgerschaft von Breisach war am Ende der zweiten vielmonatigen Einschließung durch Hunger und Ausweisungen auf wenige hundert Menschen zusammengeschmolzen. Freiburg wechselte in diesen Jahren sechsmal den Besitzer, seine Bürger und Studenten hatten angesichts ihres hartnäckigen Widerstandes bei der Belagerung von 1638 schwere Blutopfer zu tragen. Rheinfelden wurde dreimal belagert, seine Bürger spielten die Festung dem FM. Aldringen 1633 in die Hände. Noch 1641 wurde eine Äußerung des weimarischen Kommandanten dieser Stadt berichtet, er habe mit drei Feinden zu tun: den kaiserlichen Kriegsvölkern, der Bürgerschaft und seinen eigenen Soldaten, von denen die meisten ehemalige Kriegsgefangene seien m). Der Adel im unteren Elsaß hatte sich, wie Merian berichtet, den Schweden schon bei deren Einbruch 1632 rasch gefügt. „Der Elsässische Adel erklärte sich damals mehrerntheils Schwedisch und erbotten sich beneben der Landschafft zur Contribution.“ i22). 120) Bader, a. a. O., 86. iái) KAG, Fasz. 139, Fol. 217/218, 1641 X. 16., s. 1., Or. 122) Merian, a. a. 0., 667. 9*