Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

FELLNER, Fritz: Die Verstimmung zwischen Wilhelm II. und Eduard VII. im Sommer 1905

508 Miszellen Zusammenhang gar nicht und in späteren Bänden bloß in Anmerkungen erwähnt worden 14). Dabei haben gerade die beiderseitigen Bemühungen des englischen wie des deutschen Monarchen, auf die Besetzung des norwegischen Thrones Einfluß zu nehmen, das Verhältnis der Herrscher zueinander in den Sommermonaten des Jahres 1905 nicht unerheblich belastet. Auch hier können die Berichte des österreich-ungarischen Botschafters in Berlin mithelfen, Einblick in den richtigen Zusammenhang zu gewinnen. Szögyény schreibt in seinem Bericht Nr. 21 A (Vertraulich) vom 14. Juni ausführlich von Unterredungen des schwedischen Kronprinzen Gustav Adolf mit deutschen Staatsmännern und dem Kaiser über die Unionsauflösung, die in der „Großen Politik“ nur in einer Anmerkung erwähnt sind und in der eingehenden Untersuchung der deutsch-skan­dinavischen Beziehungen von Hubatsch nur nebenbei berührt wurden15). Szögyény berichtet auch, „daß wie mir im Auswärtigen Amte erzählt wurde, König Oskar bei verschiedenen Anlässen Kaiser Wilhelm in Betreff der unionsfeindlichen Bewegung in Norwegen um Bat angegan­gen hatte. Damals wie jetzt, so wird mir übereinstimmend im Auswär­tigen Amt sowie von dem schwedischen Kollegen erzählt, hat Kaiser Wilhelm sich in seiner Antwort große Zurückhaltung auferlegt. Seine Majestät beklagt nach wie vor die Wendung der Dinge in der skandinavi­schen Doppelmonarchie in hohem Grade; da aber, nach den ihm aus Stockholm zugekommenen Nachrichten, deren Richtigkeit jetzt auch vom Kronprinzen bestätigt wurde, die öffentliche Meinung in Schweden den Vorgängen in Norwegen bisher eine beklagenswerte Gleichgültigkeit entgegengebracht hatte, so glaubt Kaiser Wilhelm, daß jetzt in letzter Stunde, die maßgebenden Faktoren in Schweden sich zu einem energi­schen Auftreten schwerlich werden entschließen können. Im gegebenen Momente wäre nach Ansicht seiner Majestät ein Eingreifen mit Waffen­gewalt das einzige Heilmittel, wozu er aber, angesichts der bisherigen Haltung des Königs und der schwedischen Kammer nicht raten könne“16). Wird hiemit einerseits die Zurückhaltung des Kaisers be­zeugt, so wird doch sein reges Interesse an der Frage bestätigt und dieses Interesse war auch nach England durchgesickert. Lee hat .in seiner Eduard-Biographie gezeigt, daß der englische König überzeugt war, daß Wilhelm gegen die Kandidatur seines Schwiegersohnes intri­14) GP. XXIII/2, S. 403, Anm. 2; BD. VIII, S. 160. 15) HHStA. P.A. Preußen 162, Bericht Nr. 21 A; GP. XXIII/2, S. 403; Hubatsch, K. W.: Das deutsch-skandinavische Verhältnis im Rahmen der euro­päischen Großmachtpolitik 1890—1914, Göttingen 1941, S. 49. 16) HHStA. P.A. Preußen 162, Bericht Nr. 21 A; ähnliche Gedanken- gänge Wilhelms finden sich auch schon in dem Bericht Nr. 4 vom 20. Februar 1905 (ebd.).

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