Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

MARX, Julius: Die amtlichen Verbotslisten. Neue Beiträge zur Geschichte der österreichischen Zensur im Vormärz

Die amtlichen Verbotslisten 453 Schriften in den Listen auf. Von anderen slawischen Literaten ist nur der Russe Bulgarin mit zwei Werken vertreten, von denen die französische Übertragung seines „Falschen Demetrius“ (33 IV/2) erga schedam, die polnische Ausgabe seines „Mazeppa“ (35 VI/1) aber damnatur erhielt* 141). Von den sehr seltenen Schriften über Rußland sei die bemerkenswerte anonyme „Geschichtliche Darstellung über das höchst gefährliche Wachs­thum Rußlands“, Altenburg 1832 (32 II/2, damn.), angeführt142). Den breitesten Raum in den Verbotslisten nehmen naturgemäß d i e deutschen Schriftsteller ein. Die Unruhen im westlichen und mittleren Deutschland, der belgische Aufstand und die schweizerischen Verfassungskämpfe143) finden wohl'ihren Niederschlag, aber keineswegs in irgendeinem bemerkenswerten Ausmaße, meist kommen diese Schriften sogar mit erga schedam davon. Hieher gehören auch zwei französische Werke, die sich mit Deutschland beschäftigen. Edgar Quinet, De l’Alle- magne et de la revolution, Paris 1832 (32 III/l) erhielt sowohl in dieser als auch in einer deutschen Ausgabe (32 X/2) damnatur, während M. Saint- Marc Girardin, Notices poldtiques et littéraiires sur rAllemagne, Paris 1835 (35 V/l) mit erga schedam abgefertigt wurde 144). Weit häufiger finden sich aber Verbote auf politische Schriften in den Listen. Sie beschäftigen sich meist mit den verschie­denen deutschen Verfassungen, 1832 mit dem Hambacher Fest und den Anklagen gegen seine Veranstalter, sie besprechen mögliche Reformen und befassen sich auch schon mit den Parteien. Wenn wir beispielsweise ein königs Stanislaus August Poniatowski“, beide Warschau 1831 (32 VI/2 u. XII/2), beide verboten. — Zu allen vgl. G. Korbut, Literatura Polska, III. Bd. (1820—1863), Warszawa 1930. 141) Faddej Wenediktowitsch Bulgarin (1789—1859). Vermutlich nahm bei König, Literarische Bilder aus Rußland, 1837, die Staatskanzlei Anstoß an des Autors Kritik an diesem ultra-absolutistischen Gegner Puschkins ; vgl. Marx, a. a. O., S. 187 und 195, dazu „Briefe an Cotta“, a. a. O., Ill, S. 23, Fußnote 62. 142) J.-B. M a y, St. Petersbourg et la Russie en 1829, Paris 1830 (30 IV/2, damn.) — H. Harri ng, Der Großfürst Constantin wie er war, etc., Fürth 1832 (32 IX/2, damn.); diese Schrift ist weder bei Kay ser noch bei Hein- s i u s verzeichnet. 143) Srbik, Metternich, I, S. 678 ff. — Stern, a. a. O., IV, S. 267 ff., besonders 298 ff. (Deutschland), 314 ff. (Hambach), 234 ff. (Belgien), 335 ff. (Schweiz). — „Neueste Cabinets-Justiz in der Republik Bern. Ein Seitenstück zur Cabinets-Justiz des vertriebenen Herzogs von Braunschweig“. Tübingen u. Leipzig 1834 (34 VII/2, damn.) und Dr. Ludwig Snell, Das verletzte Völkerrecht an der Eidgenossenschaft; oder Betrachtungen über die ungerechten Noten­sendungen, nebst einem Abdrucke des amtlichen Protocolls. Zürich 1834. — Zu „Bern wie es ist“ vgl. Glossy, I, S. 80. 144) Quinet (1803—1875) war ein besonderer Kenner Deutschlands; vgl. Stern, a. a. O., V, S. 9, 10 f. — Girardin (1801—1873), Professor, Schriftsteller und Staatsmann, war ein glühender Liberaler; er bereiste Deutschland, war auch in Wien, und studierte besonders das Schulwesen.

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