Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)

GOLDINGER, Walter: † Wolfgang Kotz (1890–1957)

Wolfgang Kotz (1890 —1957). Durch einen Schlaganfall wurde am 13. Februar 1957 der wirkliche Hofrat i. R. Dr. Wolfgang Kotz auf der Straße dahingerafft. Seit 1913 im Staatsdienst, hatte er bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand am 1. Jänner 1956 keinen Krankheitstag aufzuweisen gehabt. Umso unerwar­teter traf alle, die ihn kannten, die Nachricht von seinem plötzlichen Ab­leben. Wolfgang Kotz war in Wien am 30. Juni 1890 geboren, er entstammte einer ursprünglich in Böhmen beheimateten freiherrlichen Familie. Nach Absolvierung des Piaristengymnasiums wandte er sich dem juridischen Studium zu, erwarb den Doktorgrad und legte die damals vorgesehene Ergänzungsprüfung für den höheren Archivdienst ab. Am 6. 11. 1913 trat er beim Ministerium des Innern in den öffentlichen Dienst und wurde dem Adelsdepartement zugeteilt, das neben seinen laufenden Aufgaben als oberste Adelsbehörde der Monarchie auch das Adelsarchiv zu betreuen hatte. Nach 1918 fielen die Yerwaltungsaufgaben weg, das Adelsarchiv wurde in alte Gratialregistratur des Bundeskanzleramtes umbenannt und führte an abgelegener Stelle ein stilles Dasein. Der Altersaufbau in der Beamten­schaft brachte es mit sich, daß Kotz schon damals, kaum dreißigjährig, die Leitung dieser Institution übernehmen konnte. Mit Liebe und Eifer hat er den Bestand des Adelsarchivs durch Jahrzehnte betreut und wurde dabei zu einem hervorragenden Fachmann auf dem Gebiete der Genealogie und Heraldik. Persönliche Eigenarten brachten es mit sich, daß diese Tatsache nicht jedem, der mit ihm in Berührung kam, von Anfang an klar war. 1933 wurde das ehemalige Adelsarchiv dem Staatsarchiv des Innern und der Justiz eingegliedert. Als geschätzter Sachbearbeiter behielt Kotz seine Agenden bei, zeitweise wurde er nebenamtlich auch als Referent für Stif- tungs- und Fondsangelegenheiten im Bundeskanzleramt verwendet. Bei aller Liebe zu seinen Adelsakten hat er sich zeitlebens doch in erster Linie als Verwaltungsbeamter gefühlt, dessen Rat in administrativen Angelegenhei­ten von seinen Vorgesetzten und Kollegen gerne gehört wurde. Kotz wurde am 28. Dezember 1934 zum Oberstaatsarchivar ernannt, erhielt 1946 den Hofratstitel und wurde 1954 zum wirklichen Hofrat befördert. Während längerer Vakanzen nach 1946 und ab 1953 war er stellvertretender Leiter der Abteilung Allgemeines Verwaltungsarchiv. Als er mit Jahresende 1955 sein altes Arbeitszimmer verließ, bedeutete das für ihn keinen Einschnitt. Er kam tagtäglich durch mehr als ein Jahr weiter ins Amt und widmete sich wissenschaftlichen Studien in seinem Fachgebiet. Erst spät war er mit Vorträgen und kleineren Aufsätzen, die meist in den Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs und in der Zeitschrift „Adler“ erschienen, vor die Öffentlichkeit getreten. Nun, im Ruhestand, glaubte er dafür die nötige Muße zu finden und trug sich

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