Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

CHRISTOPH, Paul: Dokumente zu den Restaurationsversuchen des Königs Karl IV. von Ungarn

Dokumente zu den Restaurationsversuehen des König Karl IV. 559 Vereinigung Tirols und schließlich des restlichen Österreichs mit dem von Berlin unabhängigen Bayern Beifall zollen wird. „Das ist etwas für die Franzosen.“ Selbstverständlich wird in dem Augenblick, in dem Bayern dem preußenfeindlichen Frankreich „diesen großen Dienst“ er­weisen würde, dieses einverstanden sein, daß nicht nur die Zivilgarde intakt bleibt, sondern daß auch Bayern und eventuell die anderen Staa­ten von Süddeutschland eine begünstigtere Behandlung bei der Repara­tionsfrage erfahren. Das würde bedeuten, daß man die ganze im Laufe befindliche Aktion wegen der Sanktionen und alle Berechnungen der Konferenzen von Paris und London erschüttert. Lehár und seine unga­rischen Habsburgerfreunde „würden von der Konfusion profitieren“, um Westungarn für unabhängig zu erklären und dorthin die Habsburger zurückzubringen. Bayern als „Schützling der Großen Entente“ würde infolge dieser machiavellistischen Schwenkung stark genug sein, um die Kleine Entente zu hindern, den Korridor zu besetzen. Ungarn würde auf diese Weise das Burgenland behalten, und die Habsburger und Wit­telsbacher hätten sich nur über das deutsche Österreich zu verständigen. Nach vollbrachter Tat würden sich Süddeutschland und Ungarn mit Norddeutschland und Preußen arrangieren. Es würden so zwei „Bünde“ entstehen, wie sie bereits vor Sadowa (Königgrätz) im Jahre 1866 existierten, allerdings mit der Einschränkung, daß der neue Bund nur Deutsche und Ungarn umfassen würde; aber die Deutschen würden mehr denn je vereinigt und die Reparationslast stark vermindert sein infolge des Dienstes, den tatsächlich München Berlin leisten würde. Politisches Bulletin vom 23. Mai 1921. In dem Augenblick, in dem Karl verpflichtet wird, die Schweiz zu verlassen (er wird im August nach Spanien gehen), hat sein Freund, der Abgeordnete Ladislaus Szilágyi, früherer Hauptmann des General­stabs, es für richtig gehalten, das schwarze Kabinett („Kamarilla“) Horthys zu demaskieren, dessen Justizminister Tomscányi und der Chef des Pressebüros, Eckhardt, die aktivsten Agenten sind. Dieses schwarze Kabinett war es, das die Demission Telekis erpreßt hatte, indem es den berüchtigten Tagesbefehl Horthys an die Armee, der eine Demonstration gegen Karl und seinen letzten Streich war, veröffentlichte. Obwohl das alles bekannt war, haben die Eröffnungen Szilágyis in offener National­versammlung eine gewisse Erregung hervorgerufen, weil daraus hervor­geht, daß neben der legalen Regierung eine andere militärische Geheim­regierung existiert, die nur die Weisungen dieses Schwarzen Kabinetts des Reichsverwesers befolgt. So bewahrheitet es sich zum Beispiel, daß „die Verhandlungen mit Bayern durch den General Tánczos geführt wurden, ohne daß Bánffy und sogar Bethlen die Einzelheiten gekannt hätten. Der Chef des Pressebüros ist von der Kamarilla ermächtigt,

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