Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

MARX, Julius: Die amtlichen Verbotslisten. Zur Geschichte der vormärzlichen Zensur in Österreich

Die amtlichen Verbotslisten 179 Von dem unglaublich fruchtbaren R a u p a c h, von dessen Schöpfungen heute gerade noch „Der Müller und sein Kind“ gekannt wird, seien seine „Dramatischen Werke ernster Gattung“, die von 1830 bis 1841 in 16 Bän­den in Hamburg herauskamen (37 n/i, ln/2, x/2, 486 r, 491 r, 460), ange­führt, weil wir zu einem ein Gutachten der Staatskanzlei besitzen. Als nämlich 1833 sein Stück „Kaiser Friedrich und sein Sohn“ zur Aufführung kommen sollte, sprach sich Baron B r e t f e 1 d gegen sie aus, am wenigsten wollte er sie der Hofbühne, die ja einer schärferen Zensur unterworfen war, gestatten. Er meinte, die Korrekturen würden die geschichtliche Hand­lung so entstellen, daß es noch mehr Aufsehen gäbe. Man war sich also höheren Orts sehr wohl bewußt, daß das Publikum die Zensurstriche kannte81 )• Von den damals bekannten Schriftstellerinnen ist in den Listen auch einiges enthalten. Das weibliche Gegenstück zu Raupach, Charlotte Birch-Pfeiffer, die einst mit ihren zahlreichen Werken (23 Bände!) die Bühnen beherrschte, ist mit einem Verbot auf ihre „Romantischen Erzählungen“, Berlin 1836 (36 l/i, 503) vertreten; Heine hat ihr be­kanntlich in „Deutschland. Ein Wintermärchen“ übel mitgespielt. Betty Paoli, Österreichs bedeutendste Lyrikerin des 19. Jahrhunderts, erhielt auf ihren „Romancero“, Leipzig 1845 (45 x/2, 122 r) erga schedam, der Abdruck ihres Manuskriptes „Auguste. Ein Fragment“ in der „Wiener Zeitschrift“ wurde nicht gestattet (36 n/i, 507 r). Mehrfach treffen wir bloß Ida Gräfin Hahn-Hahn, die zunächst viele weltliche Romane schrieb, die sich — sie war geschieden — meist mit der modernen Ehe befaßten. Als sie, katholisch geworden, in eine Kloster ging, änderte sie auch ihre Schreibweise dementsprechend. Aus ihrer ersten Zeit stammen, „Neue Gedichte“, Leipzig 1836 (36 IV/i, 515), „Lieder und Gedichte“, Ber­lin 1837 (39 v/i, 411 r) sowie „Reisebriefe“ Berlin 1841 (41 XI/i, 42 n/i, 293 r, 285), die mit erga schedam zensuriert wurden82). Wahlheimat eine rege politische Tätigkeit entfaltet. — Seume, geh. 29. 1. 1763 in Poserna, gest. 13. 6. 1810 in Teplitz. — Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, geh. 24.1. 1776 in Königsberg, gest. 24. 7. 1822 in Berlin; seine phantastische Art hat vielfach fremde Dichter beeinflußt. — Friedr. Heinr. Karl de 1 a Motte-F., geb. 12. 2. 1777 in Brandenburg, Patenkind Friedr. d. Gr., gest. 23. 1. 1843 in Berlin. — Andreas Just. Kerner, geb. 18. 9. 1786 in Ludwigsburg, gest. 21. 2. 1862 in Weinsberg. — Joh. Heinr. V o ß, der berühmte Übersetzer Homers, geb. 20. 2. 1751 zu Sommersdorf, Mecklenburg, gest. 29. 3. 1826 in Heidelberg. — si) Vgl. Marx, a. a. O., S. 187, ferner Textseite 173f. (Theater) dieser Arbeit. — S t.-A., Staatskanzlei, Note vom 16. 6. 1833 an die Polizei, Fasz. 18 (Archiv­zahl 86). — Ernst Benjamin Salomo Raupach, geb. 21. 5. 1784 in Straupnitz, Schlesien, gest. 18. 3. 1852 in Berlin. — 82) Charl. Pfeiffer, geb. 23. 7. 1800 in Stuttgart, seit ihrer Ehe mit dem Schriftsteller Birch unter dem Doppelnamen „Birch-Pfeiffer“ als Schrift­stellerin und Schauspielerin tätig, gest. 24. 8. 1868 in Berlin. — Betty Paoli = Elisabeth Glück, geb. 30. 12. 1815 in Wien, hier gest. 5. 9. 1894; Ebner­12*

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