Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

MARX, Julius: Die amtlichen Verbotslisten. Zur Geschichte der vormärzlichen Zensur in Österreich

172 Julius Marx Sprachwissenschaft, Literaturgeschichte und Dicht­kunst nehmen in den Listen breiten Raum ein; hier seien nur die deut­schen Vertreter besprochen. Dr. Lorenz Diefenbach, der bekannte Sprachforscher, ist mit seinem Buche „Über Leben, Geschichte und Sprache“, Gießen 1835 (36 504) vertreten, es hatte damnatur, wogegen Dr. Karl S i m r o c k, der berühmte Übersetzer und Herausgeber der alt- und mittel­hochdeutschen Dichtung auf „Die deutschen Volksbücher, III. Die 7 weisen Meister“, Berlin 1840 (40 IV/i, 358) erga schedam erhielt. Bei den Literatur­geschichten sind solche allgemeiner Art, etwa Dr. Johannes Scherr, Bildersaal der Weltliteratur, Stuttgart 1848 65) oder Theodor Mündt, All­gemeine Literaturgeschichte, 2. Aufl., Berlin 1848 (beide 47 XI/a, 15; erga schedam), von denen zu unterscheiden, die sich mit dem zeitnahen Schrift­tum befassen. Sie stammen meist, wie das letztgenannte Werk, von Ver­tretern des „Jungen Deutschland“ und wurden durchwegs mit erga schedam abgefertigt. Darunter befinden sich Karl Gutzkow, Beiträge zur Ge­schichte der neuesten Literatur, Stuttgart 1836 (36 VII/2 u. x/2, 527 r u. 541), Heinrich Laube, Geschichte der deutschen Literatur, 4 Bde., Stuttgart 1839/40 (40 m/2, 360 u. 41 rl/2, 320 r) und schließlich L. Wienbarg, Die Dramatiker der Jetztzeit, Altona 1839 (39 XI/i, 380), dessen andere Bücher, „Zur neuesten Literatur“, Mannheim 1835, und „Wanderungen durch den Thierkreis“, Hamburg 1835 (beide 35 XII/2, 501 r) ebenso verboten wurden wie Laubes „Moderne Charakteristiken“, Mannheim 1835 (36 n/2, 508), offenbar im Zusammenhang mit der damaligen Verfolgung des „Jungen Deutschland“. Der Gegner dieser Strömung, Wolfgang Menzel, kommt mit seinem in Lieferungen erscheinenden Werke „Die deutsche Literatur“, 2. verm. Aufl., Stuttgart 1836, ebenfalls vor. Teile dieser Veröffentlichungen dürften bessere Zensurgrade erlangt haben. Hier möge auch Karl Goedeke, Deutschlands Dichter von 1813 bis 1843, Hannover 1844 (44 T/i, 205 r, erga sch.) angeführt sein; der Schöpfer des „Grundrisses“ hat 131 Dichter mit biographischen und charakterisierenden Vorbemerkungen behandelt66). 6 65) Diefenbach: geb. 29. 7. 1806 in Ostheim, Hessen, gest. 28. 3. 1883 in Darmstadt; er war auch dichterisch tätig und trat politisch hervor. — S i nr- rock: geb. 28. 8. 1802 in Bonn, hier gest. 18. 7. 1876; der 1. u. 2. Teil der Volks­bücher war 1839 erschienen. — Scherr: geb. 3. 10. 1817 in Hohenrechberg bei Schwäb.-Gmünd, gest. 21. 11. 1886 in Zürich; er hatte 1849 in die Schweiz flüch­ten müssen und war dort Professor am Züricher Polytechnikum; vgl. Anm. 61 u. Marx, Vormärzl. österr. Zensur, Nr. 23; S. 81. — Keller, a. a. O., S. 121 u. a. “) Mundt: geb. 19. 9. 1808 in Potsdam, gest. 30. 11. 1861 in Berlin; er war zuletzt Professor und Bibliothekar an der Berliner Universität. — Ludolf Chri­stian Wienbarg, geb. 25. 12. 1802 in Altona, gest. 2. 1. 1872 in Schleswig; er hatte hier 1848 als Freiwilliger gekämpft. — Vgl. Glossy, a. a. O., Register, und Marx, Zensur d. Kanzl. Mett., S. 189 ff. — Menzel: 36 ln/2, v/2 u. IX/1( 512 r, 521, 534 r. — Goedeke: geb. 15. 4. 1814 zu Celle, gest. 27. 10. 1887 in Göttingen. — Verboten wurde Dr. H. E. G. Paulus, Des großherzogl. Badischen Hofgerichtes zu Mannheim vollständig motivirtes Urtheil über die, in dem Ro-

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