Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

CORETH, Anna: Das französische Archivwesen. Bericht über den internationalen Archivkurs in Paris 1954–1955

338 Archivberichte (erstere sind vollständig reproduziert, letztere werden fortlaufend ab­gegossen). Die Abgüsse werden in Gips oder Schwefel, vor allem aber in Terracotta, auch im großen zum Verkauf, hergestellt. Verbunden da­mit ist eine Siegelrestaurierwerkstätte, in der vor allem mit Hilfe eines elektrisch erwärmbaren Stiftes (Pyro-Graveur oder Pyro-Doreur) ge­arbeitet wird, wodurch große Feinheit erzielt werden kann. Auch der Siegelabguß-Austausch mit dem Ausland ist kürzlich organisiert worden. Die Sammlung von Karten und Plänen, die eben neu geordnet und katalogisiert wird, birgt ein umfangreiches und sehr interessantes Material. Sie ist im Hauptgebäude, dem Hotel Soubise, untergebracht, wo ein schöner Saal als Büroraum dient; in den altertümlichen Depots mit solider Holzeinrichtung sind die Karten in Schubern, die senkrecht zur Mauer verlaufen, in Rollenform aufbewahrt. Die neuere Abteilung (section moderne) umfaßt die Archi­valien aus der Revolutionszeit und die seither durch die Behörden ab­gelieferten Akten, insgesamt 300.000 Einheiten in 19 Serien. Näheren Aufschluß über die Bestände und deren inventarische Erfassung gibt das im Jahre 1937 publizierte Verzeichnis der Archivbehelfe (Etat des Inventaires). Besonders die Serie F, die in 19 Untergruppen die Akten der Ministerien aufnimmt, wächst in starkem Maße an. Die Vorschriften über die Ablieferungspflicht der Behörden an das Nationalarchiv, erlassen seit 1885, waren praktisch bis zu dem grund­legenden Archivgesetz vom 21. Juli 1936, das jetzt mit großem Nachdruck durchgeführt wird, kaum beachtet worden. In diesem Gesetz, welches auch für die Départementarchive gilt, wird die archivalische Genehmi­gung der Skartierungen und eine regelmäßige Überwachung der Akten bei den Behörden durch Archivbeamte angeordnet, wie auch die jeweilige, für die verschiedenen Arten von Akten gütige Frist für die Ablieferung festgestellt. Der Section moderne ist eine Unterabteilung für zeit­genössische Archive angeschlossen (Sous-section contempo- raine), die im Jahre 1947 zunächst zur Sicherstellung der Archive des 2. Weltkrieges und der Okkupation gegründet worden ist und sich heute vor allem der Durchführung des Archivgesetzes annimmt. Die ständige Verbindung mit den Ministerien wird dadurch erleichtert, daß man dort dauernde Archivmissionen eingerichtet hat: z. B. hat ein Archivar des Nationalarchivs seinen Arbeitsplatz im Ministerium des Inneren, einer in dem für nationale Erziehung, ein dritter im Finanzministerium, ein vierter im Ministerium für öffentliche Arbeiten. Diese Archivare be­treuen die Registraturen und die in den Ministerien noch vorhandenen Archivdepots (dort wo die gänzliche Ablieferung auf Schwierigkeiten stößt), sie verhandeln mit den Beamten über Aktenübergabe und Skar- tierung, führen diese durch und machen Ordnungsarbeiten. Dieses Sy­stem scheint sich, wie man versichert, sehr vorteilhaft auszuwirken. Die Section des Services nouveauxals dritte große Ab­teilung enthält vor allem Archivbestände, die vor jüngerer Zeit zum Großteil als Depots in das Nationalarchiv gekommen sind, ferner einige

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