Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

HEYDENDORFF, Walther: Die Kriegsakten im Haus-, Hof- und Staatsarchiv

324 Archivberichte zum Durchzug und ordnete bewaffneten Widerstand an, obzwar er zu dieser Zeit den Titel eines kaiserlichen Generals trug und Obrist-Inhaber eines kaiserlichen Dragonerregiments war (Fasz. 217, 1689, Mai-Sept., Fol. 106/117 und 124/135). Dem Ablauf der Ereignisse in der Epoche 1679—1689 folgend, wäre zu berichten, wie sich diese in den „Kriegsakten“ bemerkbar machen. Der Krieg mit Frankreich hatte 1679 mit dem Vertrage von Nimwegen seinen Abschluß gefunden; die alsbald von Ludwig XIV. eingeleiteten Réunionen hatten weitere Gebietsverluste für das Reich zur Folge. Diese andauernde Bedrohung durch Frankreich erzwang Gegenmaßnahmen, die ihre Spuren in dem vorliegenden Aktenbestand hinterlassen haben: Sicherung im Westen, Versuche, die Kriegsverfassung des Reiches (Ver­fassung in puncto securitatis publicae) endlich wirksam zu gestalten und Streben nach Allianzen innerhalb und außerhalb des Reiches. Die im Jahre 1682 immer drohender werdende Türkengefahr löste verviel­fältigte Anstrengungen aus, ihr zu begegnen (16./9. Der Hofkriegsrat an den Reichsvizekanzler, Fasz. 209, Fol. 276/277). Wie die Reichshilfe im folgenden Jahre zustandekam, ist in den „Kriegsakten“ deutlich zu verfolgen. Die Ereignisse des Türkenjahres 1683 finden im Faszikel 210, 455 Folien, ihren Niederschlag. Von den Komponenten, die im kaiserlichen Lager an der Vorbereitung zur Abwehr der osmanischen Invasion mit­wirkten, erscheinen neben dem Feldherrn Herzog Carl von Lothringen, dem kaiserlichen Generalleutnant, auch der Reichsvizekanzler, der Hof­kriegsrat, die Hofkammer, die Österreichische und die Böhmische Hof­kanzlei zumindestens zeitweise in diesem Aktenbestand. Auch hier ist dar­auf hinzuweisen, daß der Präsident des Hofkriegsrates — der eben zum Feldmarschall ernannte Markgraf Hermann von Baden — wohl Berater des Kaisers in militärischen Angelegenheiten und Mitglied des Geheimen Rates war, daß aber der Hofkriegsrat als Behörde in allen das Reich betreffenden Angelegenheiten der Vermittlung des Reichsvizekanzlers, damals Graf Leopold Wilhelm Königsegg, bedurfte. Von diesem und von ähnlichen Gesichtspunkten aus sieht die Mitwirkung des Hofkriegs­rates an den Ereignissen des Jahres 1683 wesentlich anders aus, als in dem entsprechenden Abschnitt der Geschichte dieser Behörde von O. Re­gele ausgeführt wird4). Die folgenden Berichtigungen finden auch in der Veröffentlichung von Reinhold Lorenz über dieses Kampfjahr ihre Bestätigung5). Der Hofkriegsrat ist beim Herannahen des türkischen Heeres nicht in Wien verblieben, sondern er hat am 7. Juli mit dem Kaiser die Stadt verlassen. Im vorliegenden Aktenmaterial meldet er sich am 20./7. aus Passau zum Wort (Fol. 30/31). Es war wohl selbstverständlich, daß die Spitzen des Staates und die obersten Behörden nicht in Wien verbleiben konnten, um sich hier einschließen zu lassen; die Organisierung des 4) Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs, Ergänzungsband I, 1. Heft, Oskar Regele „Der österreichische Hofkriegsrat 1556—1848“, Wien 1949, S 53 5) Reinhold Lorenz „Türkenjahr 1683“, Wien 1933.

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