Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

WINTER, Otto Friedrich: Die „Obere Registratur“ des Reichshofrates 1938–1954

310 Archivberichte capitalia, für die die schon vorhandenen festen Deckel Verwendung fanden8) — wurde nur starkes, kartonartiges Papier verwendet, das keinen ausreichenden Schutz bieten konnte, als der Bestand den Witte­rungseinflüssen ausgesetzt war. Schon in früherer Zeit ausgeschiedene Duplikate oder Triplikate von Eingaben oder sonstiges Skartmaterial, das dann als Faszikelabschluß Verwendung gefunden hatte, wurde weder ausgeschieden noch den betreffenden Prozessen beigelegt, sondern an Ort und Stelle belassen 9), die Beschriftung der Papierbogen erfolgte nur mit Bleistift und verblaßte daher schon bei relativ geringfügigen schäd­lichen Einwirkungen. Die neuen Faszikelnumanern begannen nach 1000, 2000 und 3000 immer wieder mit 1, sodaß bei einer Gesamtzahl von 3088 Faszikeln jede Zahl innerhalb des Bestandes drei- bis viermal vor­kam; die richtige Einordnung war also nur mit Hilfe der alphabetischen Folge der Rubra capitalia zu erkennen. Einzelne Faszikelnummern, z. B. 121—130, wurden versehentlich ausgelassen, ohne daß dies in einer Amtserinnerung festgehalten worden wäre. Auch der Umstand, daß die Faszikelnummern auf geklebt wurden, anstatt sie auf die Deckel zu stem­peln, führte zu einem leichten sich Ablösen und damit zu einer Erschwe­rung der Identifizierung. Günstig war, daß rechts unten auf den vorderen Deckeln durch die entsprechenden Zahlen vermerkt wurde, welche Faszi­kel zusammen ein Rubrum capitale bildeten; mit diesen Vermerken und mit einer schon früher mit Bleistift vorgenommenen fortlaufenden Nume­rierung der alten Faszikel innerhalb der einzelnen Buchstaben links unten konnte vieles geklärt werden, wenn der obere Teil des Deckels zerstört war. Im neuen Archivgebäude erfolgte die Aufstellung der „Oberen Regi­stratur“ in den Stellen X 109 d—112 e und XI 1 a—45 c, also in den beiden obersten Lagergeschoßen, sodaß sie auch hier ihren alten Namen recht­fertigte. Der Bestand galt allgemein als weniger wichtig und führte bis zum Jahre 1938 ein wenig beachtetes Dasein, sowohl von Seiten der Beamtenschaft als auch der Benützer. Einmal handelt es sich um Akten, die zum weitaus überwiegenden Teile dem aktenreichen 18. Jahrhundert und hier wieder speziell der zweiten Hälfte desselben entstammen; nur wenige Prozesse reichen vor 1700 zurück, vereinzelt finden sich solche von vor 1650. Zweitens bieten die Akten inhaltlich überwiegend Material zur inneren und lokalen Geschichte Deutschlands, im Speziellen zu der der Reichsunmittelbaren, einem Thema also, das bisher noch nicht in den Brennpunkt der historischen Forschung gerückt ist. Drittens ist die für 8) Leider waren schon im 18. Jahrhundert dafür vielfach alte, mit nicht getilgten Beschriftungen entsprechend ihrer früheren Verwendung versehene Deckel verwendet worden. In solchen Fällen entstanden bei den Ordnungsarbei­ten, wenn entweder die richtige Beschriftung unleserlich geworden war oder solche Deckel lose umherlagen, immer wieder Verwechslungen, die nur unter Aufbietung größten Scharfsinns behoben werden konnten. 9) Hier war bei der Einordnung der losen Akten, besonders wenn die den Registraturvermerk aufweisende letzte Seite unleserlich oder abgerissen war, oft erst nach langwierigen Nachforschungen zu entscheiden, ob es sich um einen Bestandteil eines in der Registratur reponierten Prozesses oder um einen solchen, schon seinerzeit skartierten Akt handelte. .

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