Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

BLAAS, Richard: Die Gedächtniskapelle in Queretaro und die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Mexiko

206 Richard Blaas Limantour, einen Höflichkeitsbesuch und überbrachte die persönlichen Grüße des Präsidenten, der sich gerade krankheitshalber außerhalb der Hauptstadt befand. Der am darauffolgenden Tag stattgehabte Besuch des Außenministers Mariscal führte zur ersten Fühlungnahme in der Frage der Wiederaufnahme der Beziehungen. Bei seinem Gegenbesuch gab nun Prinz Fürstenberg entsprechend den ihm erteilten Weisungen zu verstehen, daß man österreichischerseits in dem Bau der Kapelle in Queretaro und in der darauf durch S. M. den Kaiser erfolgten Autorisation des Fürsten Khevenhüller, der Einweihung derselben beizuwohnen, „deux actes de pieté et de courtoisie“ erblicke, die geeignet wären, eine Annäherung der beiden Regierungen hervorzurufen. Mariscal ging mit Freuden auf diese vertrau­lichen Eröffnungen ein und erklärte: „er betrachte nunmehr das Eis zwi­schen den beiden Regierungen als gebrochen“. Zur Überraschung des öster­reichischen Vertreters fügte er hinzu: „der Herr Präsident P. Diaz habe einem Zuge seines Herzens folgend, die Kapelle errichten lassen und sei über die Autorisation des Fürsten Khevenhüller, der Einweihung beizuwoh­nen, ausnehmend erfreut. Der Herr Präsident werde der Einweihung jeden Vorschub leisten, dem Fürsten seinen Extrazug zur Reise nach Queretaro zur Verfügung stellen, nur bitte er vorläufig darüber, daß der Bau von der mexikanischen Regierung ausgeführt und auf seine Initiative zurückzu­führen sei, strengste Diskretion zu üben, da er auf gewisse Parteiströmun­gen im Lande Rücksicht nehmen müsse.“ Aus diesem Grunde lehnte Ma­riscal auch den Vorschlag, die Verhandlungen über die Wiederaufnahme der Beziehungen durch einen mexikanischen Gesandten in Europa führen zu lassen, mit der Bemerkung ab: „Non, on pourrait commettre des bévues, que je ne pourrais plus rectifier, mes diplomates ne sont pas de carriere“ 5B). Der Minister wollte offenbar die Verhandlungen nicht aus der Hand geben, ja er zog, um jeder Indiskretion von vornherein vorzubeugen, nicht einmal einen Beamten seines Ministeriums bei. Er setzte in Gegenwart des Prinzen Fürstenberg folgendes Promemoria auf, das er sicherlich schon seit längerer Zeit für diese Gelegenheit vorbereitet hatte, in dem er seine Vorschläge über die Wiederaufnahme der Beziehungen in sechs Punkte zusammen­gefaßt hatte: I. Ehe gleichzeitige Ernennung betreffender Gesandter er­folgt, werden k. u. k. und mexikanische Regierung durch Vermittlung der deutschen oder einer anderen in Mexiko vertretenen Regierung Meinungen über Agrément austauschen. II. Nach Übereinkunft über die Personen bestimmt die kaiserliche Regierung das Datum, an welchem die Ernennung zu erfolgen hat, das der mexikanischen Regierung durch die bestimmte Regierung, respective deren hiesigen Vertreter mitgetheilt wird. III. Nach Festsetzung des Tages erfolgt die Ernennung wechselseitiger Gesandter und bevollmächtigter Minister, die am selben Morgen in den offiziellen Zeitun- 58 58) Pol. Arch. XXXIV/9, Liasse Mexiko I. a. a. O. Bericht Fürstenbergs nr. 3, streng vertraulich, vom 16. März 1901.

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