Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

BLAAS, Richard: Die Gedächtniskapelle in Queretaro und die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Mexiko

Die Gedächtniskapelle in Queretaro 197 Kanzlei den Aktenvermerk: „im h. Aufträge ad acta“ 26). Noch war man nicht bereit, „das große Unglück, welches die Ursache der Auflösung jeg­licher Beziehung ist“ 25) zu vergessen. Daß Mexiko der drängende Teil war und die Normalisierung seines Verhältnisses zu Österreich-Ungarn herbei­wünschte, geht noch viel deutlicher aus einem Schreiben des deutschen Gesandten in Mexiko hervor. Freiherr von Ketteier, der 1896 zum k. deut­schen Gesandten in Mexiko ernannt worden war und als solcher auch mit der Wahrung der österreichischen Interessen betraut war, übermittelte in einem ausführlichen Memorandum dem k. u. k. Botschafter in Berlin, Szö- gyényi, die Stellungnahme der mexikanischen Regierung zu dieser Frage. Der mexikanische Außenminister hatte ihm unmißverständlich zu erkennen gegeben, „daß man es in Mexiko mit großer Genugthuung begrüßen würde, wenn die k. u. k. Regierung, über das Geschehene den Schleier des Ver- gessens breitend, sich dazu entschließen möchte, die diplomatischen Be­ziehungen mit der Republik wieder aufzunehmen. Die mexikanische Regie­rung müßte jedoch in diesem Falle voraussetzen, daß Österreich-Ungarn, so wie andere Staaten in ähnlicher Lage es gethan haben, den ersten Schritt zur Annäherung mache, wobei ihm auf halbem Wege entgegengekommen und die dargebotene Gelegenheit mit Empressement ergriffen werden würde, um dem jetzigen — zum Bedauern Mexiko’s — schon allzulange währenden Zustande ein Ende zu machen“ 27). Darin aber lag ja die ganze Schwierigkeit, daß man auf österreichischer Seite nicht bereit war, den ersten Schritt zu tun. Nicht nur aus Prestigegründen, sondern aus einem rein natürlichen Empfinden für Recht und Billigkeit konnte der Kaiserhof nicht wie andere Staaten vorgehen, eben weil die Lage, in der die Monarchie sich Mexiko gegenüber befand, eine andere war. Den Schleier des Ver- gessens glaubte man über das Geschehene erst dann breiten zu können, an den Markt zu bringen. Österreich kann mit den andern Staaten in vielen Sachen vortheilhaft concuriren und es kommen auch eine Menge österreichischer Artikel auf den Platz, die meisten jedoch aus anderer Provenienz angegeben.“ 28) Auf dem Expose Kaska’s am rechten oberen Rand mit Bleistift vermerkt. 27) Pol. Arch. III/148, Preußen, Varia, Privatschreiben des k. u. k. Bot­schafters Szögyényi an Graf Goluchowski ddo. Berlin, den 25. Nov. 1896. In diesem Schreiben teilt der Botschafter den Inhalt des Memorandums des Frh. von Ketteier mit. Der Botschafter fügt dem noch hinzu: „Ich erlaube mir nur noch zu bemerken, daß die Staaten, die bei derselben traurigen Gelegenheit wie die Monarchie die Beziehungen mit Mexiko abgebrochen haben, sie alle schon seit geraumer Zeit wieder aufgenommen haben; so insbesondere Belgien, für welches die Verhältnisse, wenn nicht die gleichen, so doch ähnliche wie für uns waren. Unter den heutigen Machthabern in Mexiko befindet sich keiner mehr, der in der Tragödie von 1867 eine dem Kaiser feindliche Rolle gespielt hätte, und an der Spitze der Regierung steht seit Jahren General Porfirio Diaz, dessen Name mit jenen traurigen Ereignissen in keinem Zusammenhang steht, ein Mann, dessen Energie und großes Regierungstalent eine sichere Gewähr dafür bieten, daß die gegenwärtige Ordnung der Dinge in Mexico in absehbarer Zeit von keiner Seite gestört werden wird.“

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